Wir vier - wir drei - wir vier - wir zwei
- B&M
- 8. Okt. 2020
- 8 Min. Lesezeit
Weitere Fotos laden gerade hoch (dauert ewig) Slomotanz Rumgepaddelt Slomotanz - Zwei Freaks und zwei Christian hat uns verlassen – Benno vermisst Christian – ist aber auch ein wenig erleichtert, da die Kommunikation zwischen den zwei Brüdern hätte besser sein können – für beide scheint es eine Herausforderung gewesen zu sein – Christian meinte einmal, dass es ihm schwer fiele, seine Vorstellungen gegenüber Benno zu vertreten und auch Bennos Vorstellungen anzunehmen – welch ein Dilemma – vielleicht war die eine Woche etwas zu kurz, um solche oder ähnliche Themen vollends zu lösen – vielleicht reicht dafür aber auch nicht mal ein ganzes Leben – dann sind wir zu dritt – Janne, Marie und Benno – es läuft – es läuft sehr gut – es macht Spaß, einfach in den Tag rein zu leben – obwohl Marie 1,5 Jahre mit ihr zusammen gewohnt hat, lernt man sich auf so einer Reise doch nochmal besser kennen – wir stellen uns auch viele Fragen – vor allem Benno und Marie an Janne – beschweren tut sie sich nicht – beantworten tut sie fast alles – schweigen ist allerdings auch kein Problem – vor allem, wenn die Sonne knallt und wir bergauf fahren – da zieht Janne auch schon mal weg – kein Wunder hat sie das gelbe Trikot an – wird auch liebevoll Janne Ulrich genannt – Benno will immer um 6 Uhr aufstehen und die Frauen wollen immer länger schlafen – lautstark morgens das Wasser zu kochen hilft dabei die zwei aus dem Bett zu kriegen – die Landschaft ist schön und hügelig – die Kilometer, Anstiege und gemeinsame Zeit vergehen während sehr coolen, intensiven, offenen und persönlichen Gespräche extrem schnell – so fahren wir drei Tage Richtung Lyon, wo wir dann Fabse einsammeln –
Der weitere Beitrag wurde von Fabse, Marie und Benno gemeinsam einzeln verfasst:
An die neue Konstellation müssen sich alle vier erst einmal gewöhnen – der direkte Pausetag im AirBnB ist ein guter Start – später auf der Tour wird Benno beim Einkaufen von einem Franzosen angesprochen – sein Name ist Werner – er lädt uns ein eine Nacht bei ihm zu übernachten – das Regenradar sieht sehr übel aus – so entscheiden wir uns, der netten Einladung zu folgen – wir müssen wieder zurück und dabei steil bergauf – es fängt an zu regnen – die Fahrt bergauf im Regen mit Aussicht auf Trockenheit kickt – der Regen soll eine Woche anhalten – bei Werner können wir die Sachen trocknen und im Wohnwagen schlafen – Werner ist Mitte zwanzig und hat Geld geerbt und sich eine Bruchbude gekauft und zwei Jahre im Wohnwagen gelebt und das Haus renoviert – abends gesellige Runde zu acht mit drei Freunden Werners – mega nett und witzig – die Angst vor dem Regen schwillt allerdings weiter an – doch dann wird das Regenradar einfach besser – vielleicht auch unsere Einstellung – wir radeln weiter Richtung Ardèche – Fabse hat leider Magen-Stress und die Geschwindigkeiten unserer Fahrräder ist recht unterschiedlich – die Gruppe ist noch nicht optimal abgestimmt – wir versuchen die Wünsche und Vorstellungen aller zu thematisieren und die bestmöglichen Alternativen oder auch Kompromisse zu finden –
Wann grooved es endlich?
„Ein Kompromiss ist die Lösung eines Konfliktes durch gegenseitige freiwillige Übereinkunft, unter beiderseitigem Verzicht auf Teile der jeweils gestellten Forderungen. Die Verhandlungspartner gehen aufeinander zu. Sie verlassen die eigene Position und bewegen sich auf eine neue gemeinsame Position.“ – die Kompromissbereitschaft ist hoch – wir benötigen viel Kommunikation, um die Informationen und Gedanken jedes Einzelnen an die Oberfläche zu bringen – auch nach einigen Tagen ist es weiterhin schwierig – die Kommunikation klappt gut – verzichten alle Beteiligten ungefähr gleichviel auf die jeweils gestellten Forderungen und gehen genug aufeinander zu? – bergauf fahren wir meist getrennt – die Wünsche über Geschwindigkeiten, Gangübersetzungen sowie Häufigkeit und Dauer von Pausen sind einfach zu unterschiedlich – wir definieren feste Treffpunkte und Pausezeiten – die Gruppe grooved sich besser ein – es dauert allerdings gefühlt ewig – aber es wird besser – Fabians Magen auch
In der Zwischenzeit sind wir an einem sehr schönen Radeltag von der Rhone über einen Pass zur Ardèche-Schlucht geradelt – wir übernachten bei einem Warmshower – Pascal ist im fortgeschrittenen Alter, spricht ziemlich gut Deutsch und ist ein gemütlicher Typ – er war als Kind jedes Jahr einen Monat bei Heidelberg und später nochmal ein paar Jahre als Hippie – er hat das ganze Haus für uns geputzt und formuliert häufiger, dass wir doch ein paar Tage länger bleiben sollen – wir verbringen einen lustigen, feuchtfröhlichen Abend und kochen für ihn und uns – trotz einiger Unternehmensvorschläge seinerseits organisieren wir uns Boote, um zwei Tage durch die Ardèche-Schlucht zu paddeln – die Fahrräder werden an den Ankunftspunkt gebracht – Janne steht nicht so auf Wasser – Benno nennt es im Nachhinein Wasserphobie – Janne ist mit der Bezeichnung nicht so ganz zufrieden – nach der Einweisung zum Streckenverlauf und Stromschnellen (immer rechts fahren, bei Steinkollision gegen den Stein lehnen, Paddel und Boot beim Kentern niemals festhalten) paddeln wir alle durchaus aufgeregt und in großer Vorfreude los – Fabse lenkt das Boot mit Janne und Marie das Boot mit Benno an Bord – klappt soweit ganz gut – Marie soll Benno vor jeder Stromschnelle ihren Plan nennen und hinterher darlegen, was wie und warum passiert ist – es hilft bei der durchgehenden Fokussierung unerlässlich beim Paddeln – es ist kalt – wir sind sau froh über die Neoprenanzüge, die wir erhalten haben – ein paar kleine, aber aufregende Stromschnellen und eine wunderschöne Landschaft bringen uns zu unserer Biwakzone – die Stimmung ist super, die Gruppe grooved – auch Janne freut sich sehr, sich auf den Wasserspaß eingelassen zu haben – es ist kühl und wir verziehen uns um ca. 19 Uhr mit Wärmflaschen (warmes Wasser in unseren Hartplastiktrinkflaschen) in unser gemeinsames Tipi-Zelt – es wird gequatscht und philosophiert – angekommen beim Zusammenspiel von Benno und Marie wird gemeinsam erörtert, wie sich die unterschiedlichen Charaktere auf die gemeinsame Entscheidungsfindungen auswirken – wir starten ein „Sozial-Experiment“ zum Aufbrechen von Strukturen – Benno soll keine Initiativen mehr ergreifen, keine Führung übernehmen und so mehr Raum für Entscheidungsspielraum für Marie geben, den sie sich dann nehmen soll – keine einfache Aufgabe – Benno schlägt vor sich für drei Tage darauf einzulassen und schläft ein – am nächsten Morgen paddeln wir mit der Sonne weiter – die Besatzung der Boote wird durchrotiert – Marie und Janne entscheiden sich für ein Boot und Fabse und Benno nehmen das andere – geht es hier um Aufbrechen von Mustern und Strukturen? Jannes „Wild“-Wasser- und Kajaklenkerfahrungen sind zu vergleichen mit den Flugerfahrungen von Blauwalen – dennoch wagt sie den Sprung ins kalte Wasser (hoffentlich nur sprichwörtlich) und übernimmt die Lenkung – sie lernt schnell und Marie und Janne meistern die ersten Stromschnellen – bei der nächsten rammen sie die Schluchtwand – nehmen es aber gelassen – wir machen Pause, die Aussicht ist schön, dank Sonnenschein ist es nicht zu kalt und das Essen war nötig – es geht weiter und die Bootbesatzung bleibt bestehen – eine Stromschnelle hat einen dicken Felsen mittendrin stehen und die Wassermassen prallen genau drauf – Fabse hat aufgepasst und Benno steuert links vorbei,…kurz angeeckt aber safe – Wumms,… - die Frauen wollten es noch eleganter machen als die Männer und rechts vorbeipaddeln – die Einweisung in die Strecke liegt auch schon einen Tag zurück – voll gegen den Fels, vom Fels weggelehnt, das Wasser greift die Bootseite und dreht es mitsamt den Insassinnen um – Boot und Paddel gut festgehalten, genießen die Damen für einige Sekunden das kalte, klare und hart strömende Wasser – alles falsch gemacht aber die maximale Erfahrung rausgeholt und soweit nix passiert – der Schreck sitzt aber durchaus tief, vielleicht tiefer als es das Adrenalin gerade spüren lässt – auf Wunsch der Frauen übernehmen Fabse und Benno wieder jeweils die Lenkung der Boote – der Rest der Strecke ist schön aber weniger aufregend – vielleicht auch ganz gut so – es windet ein wenig und teils ist es schattig und kalt – die Strömung wird weniger und wir müssen uns mehr anstrengen zu paddeln, zum Glück weht der Wind überwiegend in die richtige Richtung – angekommen beim Ankunftsplatz schnell in die warmen Klamotten und da kommt schon der Bus mit unseren Bikes – alles aufsatteln und los – es ist 16 Uhr – wir müssen noch einkaufen und einen Schlafplatz finden – Janne dreht plötzlich um und radelt weg – wir warten kurz und dann geht Benno suchen – sie sitzt auf einem Stein, versucht sich mit den Händen im Gesicht zu verstecken – Benno findet sie trotzdem – es war dann doch alles etwas zu viel – ein Nervenzusammenbruch – entstanden durch Kälte, schwankende Hormone, Wildwasserkentern trotz Wasserphobie und etwas Gruppenstress wegen Unwissenheit über Schlafplatz und Einkaufsmöglichkeiten – durchaus für alle nachvollziehbar – nach etwas hin und her – (remember: ohne Initiative von Benno) – nehmen wir nach dem Einkaufen ein Hotel mit 4er-Zimmer – abends kochen wir auf dem Klo und analysieren gemeinsam die vergangenen Ereignisse
Die Route nach Béziers (Jannes zukünftiger Ausstiegspunkt) wird definiert, Marie führt die Gruppe – die Fahrt am Fluss entlang fühlt sich ein wenig nach Katastrophen-Tourismus an: hier war vor zwei Wochen nach Starkregen Land unter – abends im Lager am Fluss Routen-Talk – Janne schlägt zwei Varianten vor, die etwas länger sind und mehr Höhenmeter haben – nach allseitiger Einschätzung, Diskussion und systemischen Konsensieren entscheiden wir uns für die anstrengendste Variante inklusive Gipfel des Aigoual – auch hier zeigt sich wieder die gute Kommunikation – Benno liebt das stundenlange Abwägen und Rumgequatsche bevor eine Entscheidung gefällt wird – beim Gipfelsturm kann sich Fabse aufgrund einer antizyklischen Essenspause von Janne, Marie und Benno an die Spitze setzen und ist zum ersten Mal der Erste oben (auch mal schön) – es folgt eine grandiose 35km-Abfahrt und ein weiterer Anstieg zum Ende des Tages - alle sind froh über die Routen-Entscheidung (im Schnitt mit 10 von 10 Punkten) und haben den Tag sehr genossen– Fabse ist wieder voll im Saft – das i-Tüpfelchen ist der Nachtplatz, den Marie rausgesucht hat – der Restweg nach Béziers ist entspannt: mehr runter als hoch und die befürchtete Fahrt durch starken Regen bleibt aus – Marie kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass die Wetterprognose in 90% nicht zugetroffen hat – trotzdem lassen sich die Jungs nicht davon abbringen, alle zwei Stunden nach der Wetterprognose zu gucken – wir fahren am Canal-du-Midi entlang – Fabse gefällt es sehr – Benno eher weniger
Für Fabses Abfahrt nehmen wir uns nochmal ein AirBnB – schon wieder eine bezahlte Unterkunft – durch die zahlreichen und wundervollen Begleitpersonen ist in der Vergangenheit die weitere Planung zwischen Marie und Benno zu kurz gekommen – wir verabschieden uns um 9 Uhr morgens von Fabse – er fährt mit dem Fahrrad zum Bahnhof, um dann das Auto in der Nähe von Lyon mit dem Zug zu erreichen – er hofft um 2 Uhr Nachts in Köln anzukommen – dann ab in die Quarantäne und Nasebohren – Marie und Benno nehmen sich Zeit zu quatschen – die Wünsche sind durchaus unterschiedlich – Benno wünscht sich mit Marie in Afrika weitere Abenteuer – Marie will vielleicht was anderes – ein Kompromiss? – mal sehen – wir planen die Route nach Barcelona über die Pyrenäen – oben wird es kalt werden und vielleicht mal schneien, wer weiß – mal sehen, ob wir es nach Barcelona schaffen und mal sehen, ob wir dann mit der Fähre nach Marokko fahren – mal sehen, ob dies überhaupt geht – mal sehen, ob sich die Reise aufgrund der unterschiedlichen Vorstellungen, Wünsche, Wetterlagen und Corona-Restriktionen auf altbekannte oder ähnliche Art wie bisher fortsetzen lässt - mal sehen
Comentarios