Pakistan hat uns gepakt
- B&M
- 29. Nov. 2019
- 6 Min. Lesezeit
Nach 7 Tagen bei unserem ersten Host sind wir halbwegs auskuriert – wir fahren los – mit dem Fahrrad durch Pakistan – gut vorbereitet und gebrieft von unserem Host – Marie hat passende Kleidung erhalten – wir werden trotzdem angestarrt – eine Frau auf dem Fahrrad – so etwas gibt es hier nicht – der Verkehr ist sehr belebt – ans Hupen müssen wir uns weiterhin gewöhnen – die Autos sind voll – auf dem Dach, hinten auf der Stoßstange und im Kofferraum ist Platz für Personen – oder auch für Kühe - Frauen sieht man meist nur mit einer Burka verhüllt – häufig sind die Pakistanis zu erstaunt um unser Winken zu erwidern – wir bekommen aber viele Daumen und grinsende Gesichter – die Eindrücke prasseln nur so auf uns ein - die Gastfreundschaft ist unglaublich – wir werden direkt zum Tee und Übernachten eingeladen – unser Gastgeber bringt uns noch schnell zum Grab des Vaters – er war vor 3 Tagen verstorben – der Sohn ist 24 und nun das Oberhaupt der Familie – es sind Bauern – super lieb – wie es noch öfter hier vorkommen wird, werden Marie und Benno vor dem Haus getrennt – Benno sitzt mit den Jungs (Nachbarn, Verwandte) im Stall und unterhält sich – einer kann Englisch – es gibt Tee und was zu essen – Marie ist im Haus – quasi eine Familienkommune – ca. 25 Frauen und Kinder sitzen um sie herum und machen große Augen – keine spricht Englisch – später gehen wir das Dorf erkunden - lernen Nachbarn und Verwandte kennen – ist eh meist irgendwie das gleiche – Marie darf immer mit ins Haus – Benno sitzt immer vorm Haus – die Männer reden – die Frauen starren – zur aktuellen Zeit wird Zuckerrohr abgebaut – wir besichtigen eine Zuckerrohrfabrik – die Fabrik ist ein Haus – das Haus besteht aus einem Raum – ein Raum mit Feuer drunter – quasi ein Backofenhaus mit einer riesigen Pfanne drin – echt spannend – dann zurück zum Host – Benno in den Stall – Marie ins Haus – wir dürfen trotz Bitten nicht gemeinsam im Stall übernachten – ist gegen die Kultur – „Außerdem wollen sich die Frauen ja mit Marie unterhalten“ – sagen die Männer – wir machen klar, dass wir müde sind – Marie geht ins Haus – bisschen anstarren lassen und dann schlafen – Benno unterhält sich im Stall mit den Jungs – es gibt keinen Strom – eine Glühbirne wird an eine Autobatterie angeschlossen – unser Host bekommt einen Anruf – es ist ein Sicherheitsbeamter, der spitz bekommen hat, dass bei ihm Ausländer sind – scheint aber alles okay zu sein – 2h später hält ein Auto vor der Tür – die Polizei ist da und will uns mitnehmen – Marie wird geweckt und rausgebracht – wir trinken Tee und sagen, dass wir bleiben wollen – der „Head of Policestation“ wird dazu gerufen – er kommt – unser Host bittet uns jetzt mitzugehen – wir folgen dem Gesetz – ein Polizeiauto vor uns und eins hinter uns – 40 min zur Polizeistation – in der Dunkelheit – dort dürfen wir gemeinsam in einem Raum schlafen – wären aber lieber bei der Familie geblieben – am nächsten Morgen dürfen wir weiter – aber erst müssen wir mit dem Head of Policestation frühstücken und Tee trinken – wir betonen, dass wir keine Hilfe oder sonstiges möchten – wir fahren aus dem Tor – wir sind wieder frei – denken wir – heimlich verfolgt uns ein Polizeijeep – zwei vorne und zwei mit Sturmgewehr (Danke, Laxe) hinten drin – an jedem Checkpoint erhalten wir eine neue Eskorte – wir versuchen sie zu überzeugen, dass wir sie nicht benötigen – ohne Erfolg – wir bitten sie hinter uns zu fahren, dann hat man sie nicht so im Blick – unseren Host für diesen Tag haben wir schon – ein Verwandter von einem Besuch unseres Gastgebers in Peshawar (Qaisar) – die Polizei eskortiert uns bis ins Haus – alle Personalien werden aufgenommen – die Familie ist nicht so streng hinsichtlich der Kultur – Benno darf diesmal mit ins Haus – der Mann war für ein paar Jahre in den VAE arbeiten – die Familie ist wieder groß – wir sitzen gemeinsam mit Frauen, Männern, Tanten, Onkels, Vettern, Cousinen, Nachbarn, Freunden, etlichen Kindern im Raum und werden angestarrt – zum Essen werden fast alle rausgeschickt – sehr angenehm – danach erkunden wir die Umgebung gemeinsam – am nächsten Morgen wartet schon die Polizei auf uns – unser Host war verpflichtet diese anzurufen – es geht weiter – die Polizei immer im Schritt-Tempo hinter uns her – der nächste Fahrer des Polizeijeeps ist ein bisschen strenger – widerwillig geht er auf unsere Bitte ein, hinter uns zu fahren – es geht bergauf – Marie fährt vorne – der Jeep teils neben Benno – Benno wird gebeten, das Fahrrad in den Jeep zu laden – Marie fährt bergauf ihr Tempo - (etwas schneller als Benno) – es geht um mehrere Kurven – die Polizei fährt nervös zwischen uns – wir werden angehalten und gebeten das gleiche Tempo zu fahren – geht aber nicht – Marie fuckt sich ab – sie fühlt sich bevormundet - naja, bald wechselt das Auto und Belegschaft ja wieder – der nächste Polizist ist super gelaunt – wir versuchen es nochmal und erklären, dass wir wirklich keinen Polizeischutz benötigen – die Polizei sagt „ok“ – es geht weiter – wir drehen uns immer wieder um und können es nicht glauben – es ist wahr, wir sind allein – allein in Pakistan – Marie und Benno schauen sich an – „wir können so schnell oder langsam fahren, wie wir wollen“ – „wir können Nebenstraßen fahren“ – „wir können anhalten, wann wir wollen“ – „Wo schlafen wir heute Abend?“ – die Polizeistationen waren ja schon immer ein sicherer Schlafplatz – zelten wirkt hier unmöglich – viele Menschen und auch etwas kalt – mal sehen, was so passiert – Schlafplatzfinden leichtgemacht (s. Video) – dann weiter zu einem Couchsurfer-Gastgeber – ein motivierter Schulleiter – wir werden mit in die Schule genommen – Mikro in die Hand gedrückt und spontane Rede von den 2 Deutschen vor 300 Schülern – kein Problem – dann lädt uns der nächste Lehrer zu sich nach Hause ein – eine Nacht dort – immer wieder das Gleiche – wir besuchen alle Verwandten, die es gibt – Marie immer ins Haus zum Anstarren lassen und Tee trinken – Benno wartet draußen mit den Boys – abends gehen wir mit den beiden Gastgebern noch essen – die wollen uns beide einladen – wir wollen die beiden auch einladen – wir starten eine Runde, in der jeder seine Argumente vorbringen darf – unsere Argumente werden nicht ernstgenommen – es ist eine Ehre, die Gäste einzuladen – am Ende losen wir – wir hoffen, dass wir gewinnen – InshAllah – wir verlieren und werden eingeladen – dann weiter – bergauf – es schneit – wir haben entschlossen, die Kontrolle abzugeben – wir werden ins Hotel eingeladen – die erste Nacht der Reise im Hotel – endlich Ruhe – denken wir – wir werden noch vor dem Hotel zum Tee eingeladen – ein übermotivierter Armee-Chef „Captain Pakistan“- Benno wehrt erfolgreich ab, dass ein Polizist unser Zimmer dauerhaft bewacht – und dass die Presse kommt und uns interviewt - Marie wird dennoch bei einem kurzen Spaziergang in den Garten eskortiert – so müssen sich die Hollywood-Stars fühlen – wir im goldenen Käfig – „nur zur Sicherheit“ – Marie fühlt sich eher eingeschränkt – das Zimmer ist aber auch schön – wir sind auf jeden Fall gespannt, wie es weitergeht!
Es gibt noch ein paar neue Eindrücke:
Im Fotoalbum
In der Videogalerie (Slomotanz, Schlafplatz finden leichtgemacht, Schulbesuch, Gemüseinterview)
Noch ein paar Funfacts:
- Wir haben schon öfter in einer Polizeistation als im Hotel oder Hostel übernachtet
- In Pakistan haben wir noch keine Nacht im Zelt geschlafen, weil wir immer eingeladen werden
- Benno kriegt jeden Morgen von unseren ehemaligen Gastgebern mindestens eine Nachricht mit „Where are you?“, Herzchen oder „I miss you“ – und es werden täglich mehr
- Auch die Polizisten schließen sich an, sobald sie Bennos Nummer haben
- Kleine Kinder fangen an zu weinen, wenn wir zu nahe kommen
- Hier werden auch Kühe auf dem Motorrad transportiert
- Wir haben in Pakistan schon mindestens 3 kg Geschenke erhalten
- Wir haben ein Sprungfoto mit einem Schulleiter, Lehrern und einem hohen Geistlichen gemacht
- Immer, wenn wir in einen Raum kommen, müssen wir uns setzen. Marie will sich oft nicht setzen und spielt das Spiel „Please sit!“ – „No, thank you!“ mindestens 10 Mal mit wechselnden Männern, die aufstehen und Marie einen Sitzplatz anbieten. Benno steigt mitunter ein – zu seiner Belustigung und zu Maries Ärger.
- wir werden so oft zum Essen oder Tee eingeladen, dass unsere Ausgaben knapp über Null liegen
Insgesamt ist Pakistan das abenteuerlichste, gastfreundlichste, bunteste, chaotischste, herausforderndste und auch bereicherndste Land, in dem wir bisher am besten beschützt wurden. Wahrscheinlich eine gute Vorbereitung für Indien.
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