In 16 Tagen durch Indien
- B&M
- 3. Jan. 2020
- 6 Min. Lesezeit
Die Boarderclosing-Zeremonie an der pakistanisch-indischen Grenze ist abgefahren – wie zwei Länder ihre Feindschaft, bzw. ihren Nationalstolz so sehr zelebrieren können, ist für uns nicht nachvollziehbar – der Grenzübergang am nächsten Tag ist easy – kaum Verkehr, bzw. andere Grenzübergänger – krass zwei Länder nebeneinander aber doch so wenig miteinander - wir treffen allerdings ein deutsches Pärchen, die uns Schokolade schenken – „Fröhliche Weihnachten“ – stimmt, da war ja was – Weihnachtsstimmung war bisher noch nicht so aufgekommen – dann fragt uns ein Grenzbeamter, ob wir Hasch haben – wir verneinen wahrheitsgetreu – als unsere Taschen gescannt werden sollen, stellen wir uns ein wenig blöd an und müssen dann nur erklären, was in welcher Tasche drin ist – der erfolgreiche Grenzübergang wird mit Tee von und mit den Grenzbeamten gefeiert – der Duud-Chai (Milchtee) war in Pakistan definitiv leckerer
Nach dem Grenz- bzw. Militärbereich gibt es noch einen weiteren Checkpoint. Die Grenzbeamtin gibt Benno die Pässe zurück und grinst ihm mitten ins Gesicht. Die Situation, von einer Frau so direkt angegrinst zu werden, ist sehr ungewohnt für Benno. In Pakistan hat er 5 Wochen trainiert, richtig mit den Frauen umzugehen und dies hat nun dazu geführt, dass Benno den Blick der Grenzbeamtin nicht erwidert, sondern beschämt zu Boden schaut.
Auch Marie freut sich über die vielen Frauen, die ihr nicht mehr nur heimlich zulächeln. Aber es ist wieder so: man fährt ein paar Kilometer über eine Grenze drüber und so vieles ändert sich.
In Indien passiert nicht so viel wie in Pakistan – es ist irgendwie gemütlicher – es ist anders – die Autos sind moderner – das Essen ist vielfältiger – die Menschen sind nicht mehr sooo interessiert – es gibt weitere Religionen als den Islam – jetzt haben die Männer alle Kopfbedeckung auf – wir schlafen an unseren ersten vier Nächten in „Sikh-Tempeln“ – die Sikh Religion gefällt uns – dies liegt nicht nur an den super Übernachtungsmöglichkeiten und dem kostenlosen Essen in den Tempeln – siehe Wikipedia über die Religion (alle sind gleich und so) – im dritten Tempel hilft Benno in der Küche – Marie backt mit den Frauen „Chapati“ – in der Küche wird gebetet – wir werden an die Hand genommen und auf einmal finden wir uns, die Handflächen vor der Brust aneinander, in der Küche betend wieder – wir sollen sogar die Singlaute nachahmen – das ging dann so 5 Minuten - richtig krass abgefahrene Situation war das, hat sich auch irgendwie nicht richtig angefühlt – aber naja, die wollten es ja – wir fahren weiter – es ist recht kühl und überall ist Smog – manchmal kommt die Sonne raus – am Straßenrand wächst wildes Marihuana – manchmal reißt Benno ein wenig ab und riecht dran - wir ballern durch Indien – sind in den letzten 5 Tagen im Schnitt 83km pro Tag gefahren, insgesamt 412 Km – so schnell waren wir noch nie – es geht auch überwiegend gerade aus – quasi wie von Köln nach Dresden, nur vier Mal so schnell wie damals – wegen des Verkehrs hören wir viel Podcast und Hörbücher – wir sind beide im Harry Potter-Fieber – wir verstehen bei „Mongolen-Reich“ schnell „Muggel-Reich“ – Marie hat immer wieder Tagträume übers Zaubern – macht gerade Bock so zu ballern – der Smog hört auf – wie weggezaubert ;) – die Sonne scheint herrlich – am 23.12. schlafen wir nochmal in einem Tempel – am nächsten Morgen helfen wir in der Küche und schneiden einen Berg Blumenkohl und spenden etwas Geld – Weihnachten feiern wir nicht – das Marihuana am Straßenrand wird weniger, dafür gibt es jetzt überall Affen – nach Pakistan das zweite Land mit Affen – wird jetzt wahrscheinlich etwas länger so sein – da es kühl ist zelten wir nicht – Hotels und Couchsurfing sind unsere Alternativen zu den Tempeln – das Essen hier ist echt scharf – wir vergessen leider häufig, bei der Bestellung zu sagen „No Chillis, please!!!“ – wir versuchen durch einen National Park (Jim Corbett) zu fahren – leider nicht erlaubt – man braucht eine Genehmigung, ein Auto und einen „Offiziellen“ – wir haben leider nur uns und die Fahrräder – aber da im Nationalpark auch Tiger und Elefanten wohnen, sind wir froh, dass man uns davor bewahrt hat, einfach so durchzufahren – wir fahren drum herum – am nächsten Tag kommen wir bei unserem Couchsurfer Gastgeber an – wir lassen uns mal wieder treiben und geben die Kontrolle ab – 3 Tage eintauchen in das Leben eines Businessmans.
Wir bekommen neue Ideen und Inspirationen, wie man sein Leben auch anders führen kann. Die Gespräche sind sehr tiefgründig. Wir merken wieder einmal, dass der Islam viele positive Grundsätze hat und Marie überlegt (schon zum zweiten Mal), Muslimin zu werden. Nur das mit dem Schleier oder der Burka wird wohl nichts - nervt einfach zu sehr im Alltag. Maries Berufswahl wird diskutiert und in Frage gestellt, sodass erneut ein Anstoß gegeben wird, über die berufliche Zukunft nachzudenken. Vielleicht machen wir auch ein Export-Business auf – die eintägige Geschäftsreise, die wir begleiten, ist sehr entspannt und man kann auch ein bisschen Boot fahren oder ´ne kleine Shoppingsession zwischendurch einschieben. By the way – wenn jemand ins Import-Geschäft aus Indien einsteigen will – wir hätten da einen guten Kontakt ;)
Und es gibt noch ´ne Geschichte zu seinem Kumpel, bei dem wir auch zwei von den drei Nächsten übernachtet haben: Sein Business ist eigentlich Dschungel- Touren auf und mit seinem Elefanten zu machen. Allerdings hat eine NGO alle in Privatbesitz befundenen Elefanten in dieser Region beschlagnahmt und jetzt ist er und seine Familie quasi seit ca. 1 ½ Jahren arbeitslos. Achja, und zwei der beschlagnahmten Elefanten sind leider in der „Gefangenschaft“ bereits gestorben. Unser Host unterstützt ihn nun dabei, ein Ladengeschäft zu eröffnen und parallel hoffen wir, dass die beschlagnahmten Elefanten bald zu ihren Familien zurückkehren können.
Von Weihnachten und Silvester haben wir kaum etwas mitbekommen und müssen bei den Gedanken, dass sich in Deutschland oder auch anderen Ländern überwiegend alles um diese Themen bewegt, wieder einmal darüber grinsen, wie unterschiedlich die Welt(en) doch ist (sind). Allerdings wünschen wir euch allen, dass ihr ein wunderschönes Weihnachtsfest und fröhliches Silvester gefeiert habt.
„Für Toiletten ist Neujahr auch ein schönes Fest: Statt Ärschen sehen sie auch mal wieder viele nette Gesichter“
Da wir von Vorausreisenden vor den indischen Selfie-Jägern gewarnt worden sind, hatten wir uns unterschiedliche Taktiken zurechtgelegt, um damit umzugehen. Wir wollten auf jeden Fall nicht immer ablehnen und den Kampf austragen mit dem „Please, Please just one selfie, pleeeeease, just one“ – zu viele negative Vibes. Naja und so schlimm wie eigentlich erwartet, war es dann in den 16 Tagen Indien auch gar nicht:
Wir haben echt mehr erwartet als durchschnittlich 4 Selfies am Tag :)
Schließlich überqueren wir die Grenze nach Nepal am 03.01.2020. Bhim Datta ist der kleinste Grenzübergang, den wir je gesehen haben. Auch die Straße zur Grenze wirkt eher wie ein Feldweg. Fast wären wir bei der Einreise nach Nepal am Grenzbüro, das quasi aus einer offenen Garage bestand, vorbeigefahren. Danach zum ATM und Simkarte kaufen. 35GB für 11€ ist doch ein guter Preis. Um die Simkarte zu kaufen, braucht man den Reisepass, ein Passfoto und Geld. Es ist das erste Mal, dass Benno neben dem Namen seines Vaters auch den Namen seines Großvaters angeben muss. Von seinen Eltern wurde dieser vor ihm meistens „Opa“ genannt, seine Großmutter nannte ihn „Vater“ oder auch „Häbel“ oder so ähnlich. Es hat Benno einige Minuten gekostet, um sich daran zu erinnern, dass sein Großvater „Herbert“ hieß.
Ausgestattet mit Geld und Internet ging es dann noch einige KM über den nicht allzu vollen, recht gemütlichen Highway weiter. „Welcome to Nepal“ - es ist doch immer schön, so in einem neuen Land begrüßt zu werden. Die Nepalesen scheinen ein freundliches, hilfsbereites und respektvolles Volk zu sein. Die Sonne scheint und es ist so warm, dass wir eine Schicht Klamotten ablegen.
Der weitere Plan sieht folgendermaßen aus: In ca. 20 Tagen treffen wir Maries Vater und Bruder in Kathmandu und verbringen 10 gemeinsame Tage. Auf dem Weg dahin werden wir noch einen Wochenendkurs über Buddhismus und Meditieren machen. Leider hat das Schweigekloster, in dem wir 7 Tagen mal nix sagen wollten, wohl keine Plätze mehr frei, bzw. haben die uns nicht mehr zurückgeschrieben – vielleicht schweigt der Büromitarbeiter aktuell. Nach Nepal wollen wir erneut durch Indien Richtung Myanmar weiter, aber nagelt uns bitte nicht drauf fest :-)
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