Drehmeditation, Querdenker, Natur und illegal!
- B&M
- 2. Nov. 2020
- 13 Min. Lesezeit
Ist schon lange her - dafür jetzt die volle Dröhnung
Neue Fotos im Fotoalbum Spanien Slomotanz Barcelona WS Gitarren Spaß Barcelona WS Slomotanz Cúber See Mallorca
Wir sind über die Pyrenäen gefahren – drum herum wollten wir nicht – im Oktober auf 2000 Meter über Meeresspiegel – war kalt – so kalte Füße und Hände hatten wir noch nie auf der ganzen Reise – der Pass ist beeindruckend – zum Glück scheint die Sonne – das erste Mal ist die Landschaft um unsere Fahrräder herum voll mit Schnee – mit Schneeregen wäre es weniger spaßig gewesen – Plastiktüten unter die Handschuhe und Socken helfen ein bisschen – wir probieren auch die Rettungsfolie zwischen Socken und Schuhen aus – ob es hilft? Keine Ahnung – die Füße sind immer noch kalt – wir nehmen uns vor, das nächste Mal nur einen Fuß einzupacken, um dann fühlen zu können, ob es wirklich hilft – Marie organisiert einige „Warmshower“- Gastgeber auf dem Weg – alles wieder sehr, sehr tolle und warme Begegnungen – in Puigcerda ein krass sportliches Pärchen mit einem 5- monatigen Baby – eigentlich wollten diese mit Baby-Anhänger eine Weltreise in Südamerika starten, sind aber wegen Covid stattdessen zu den Eltern gezogen – wir bleiben zwei Nächte – Marie chilled und Benno fährt mit Hélène zu einer heißen Quelle und nochmal schnell zurück nach Frankreich – die Grenze ist ja nicht weit - wie eine Modeleisenbahnlandschaft sieht es aus – die Fahrt hin und auch zurück geht krass bergauf und Hélène gibt richtig Gas – dann kurz zum Aussichtspunkt wandern – Bennos Waden zittern und er versucht, mit Hélène Schritt zu halten – die Hochebene, auf der Puigcerda liegt, ist extrem beeindruckend – aber puh,… man muss echt aufpassen, wenn man mit den Warmshower- Gastgebern was unternimmt und eigentlich bissle Pause machen will – die Landschaft und die herbstlichen Farben mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund,… wow – dann weiter zum nächsten Warmshower – er ist gerade erst eingezogen – also im selben Moment wie wir – wir tragen Möbel hoch und er geht wieder arbeiten – wir bauen alles auf und kochen – ein gemeinsames Zuhause für zwei Tage – schon lustig, als wir abreisen haben wir insgesamt mehr Zeit in seiner Wohnung verbracht als er – weiter rein nach Katalonien geht es für uns über Vic – dort dürfen wir erneut zwei Nächte bei einem super lieben Pärchen übernachten – wir gehen wandern und lernen beim Abendessen ein paar Freunde kennen – alles nach den aktuellen Covid-Regeln, dass man sich maximal mit 6 Personen treffen darf – die zwei sind politisch engagiert und wir lernen noch ein wenig über die spanische Politik – wobei die zwei sagen, dass es schon eher eine afrikanische ist – sind wir schon in Afrika? – überall sehen wir Unabhängigkeitsflaggen und Plakate mit Menschen, die aus politischen Gründen im Exil oder Gefängnis sind und durchgestrichenen Kronen – Vic scheint schon was Besonderes zu sein – die zwei begleiten uns noch einige KM, bevor wir uns sehr herzlich und traurig voneinander trennen und „Auf Wiedersehen“ sagen – auf so einer Reise lernt man, sich schnell auf neue Situationen und Menschen einzulassen und man muss ganz schön oft auch wieder loslassen - es ist irgendwie traurig, aber man weiß auch, dass die entstandene Lücke wieder mit etwas Neuem gefüllt wird – wir kommen näher an Barcelona ran – übernachten noch kurz vor der Stadt auf dem Berg und am nächsten Morgen eröffnet sich das Bild der Stadt mit dem Meer dahinter – eine Metropole mit Meer dahinter – wir radeln zu Xavier, unserem nächsten Warmshower – Marie will in Barcelona zum Arzt und Benno seine Rohloffnabe checken lassen – sie verliert anscheinend wieder Öl, also die Nabe – Xavier ist cool und hilft uns bei der kompletten Orga - wir bekochen ihn dafür immer schön – der Fahrradladen ruft an und sagt, dass er die Nabe für 400€ austauschen kann und er mit Rohloff klärt, ob die es übernehmen – puh,…Benno schaltet sich ein und telefoniert mit Rohloff – mal sehen – zwischendurch erkunden wir Barcelona, wie man es wahrscheinlich lange nicht gesehen hat – kaum Touristen, die Altstadt leer, Restaurants und Bars geschlossen – schon krass, wir genießen es trotzdem – hat ja auch irgendwie was – der Fahrradladen ruft an und bestätigt, dass Rohloff allesübernimmt – alles klar, die komplette Nabe wird ausgetauscht für 0€, nice – das Problem nur, alle Mechaniker sind in Quarantäne oder haben Corona, soweit wir verstehen – daher bleiben wir noch einen Tag länger bei Xavier und holen am nächsten Tag das Fahrrad ab – ein letzter Mechaniker hält die Stellung – der Laden ist aber offiziell zu - zwischenzeitlich haben uns dazu entschieden, mit der Fähre nach Mallorca zu fahren – da haben wir krasse Vorurteile, die wir nun aufräumen wollen – über einen Freund bekommen wir einen Kontakt zu einem Deutschen, der hier auf der Insel lebt – 5 Jahre war er hier Reiseleiter - jetzt ehemaliger Reiseleiter – auf der letzten Reise haben sich die Reiseteilnehmer über ihn beschwert – er hatte zu laut zu viel Spaß mit seiner Freundin (die man eigentlich gar nicht mit auf Tour nehmen darf) im Hotelzimmer – die Zimmer der Teilnehmer waren wohl direkt nebenan – tja, tschau Job - er kennt die Insel aber bestens – so erkunden wir unglaubliche Stellen und haben grandiose Übernachtungsplätze – auch ihn besuchen wir für eine Nacht – das Tor geht auf, ein riesiges Grundstück und oben eine Villa und ein Pool – das Haus gehört seinem Mitbewohner und noch jemand anderem, der nicht wissen darf, dass er hier aktuell dauerhaft wohnt – aber wegen Covid kommen die jetzt eh nicht – der Mitbewohner macht irgendwas mit Krypto und Benno trifft ihn kurz – es gibt die Coronafaust und „Ich bin leider total unsozial und habe viel zu tun“ – wir kochen für unseren Gastgeber und haben intensive Gespräche über Corona, Qultisten, Drogentrips und Außerirdischen-Kontakt – es super interessant, aber auch sehr fremd – wir lassen uns drauf ein – am nächsten Tag lernen wir noch schnell, wie man sich in die Meditation kreiseln kann – einfach im Kreis drehen, bis alles verschwimmt - ich sag euch, abgefahrenes Gefühl – solltet ihr alle mal ausprobieren – die Risikogruppen-Mitleser bitte nur unter Aufsicht, da einem schon sehr schwindelig werden kann – er erzählt uns noch, dass er im Frühjahr während des Lockdowns versucht hat am Strand zu zelten – bis der Hubschrauber ihn abholen kam – hier der Zeitungs-Artikel dazu: „Life is a beach until you get arrested“ – nicht erwähnt im Artikel ist, dass der Helikopter sein Zelt zerstört hat – am übernächsten Tag gehen wir nochmal gemeinsam wandern – wir freuen uns! – am Abend bekommen wir noch eine Whatsapp – „Wir machen morgen auf der Wanderung einen Film zusammen“ – der Plot ist crazy, aber haben wir Bock drauf – mit ihm und ein paar anderen Freunden geht es also auf Wanderung und Filmdreh – Benno als Zombie einer der Hauptdarsteller – den Film werden wir noch verteilen sobald er rauskommt, dann könnt ihr euch selbst ein Bild machen – durch die Tipps vom Reiseleiter haben wir weiterhin wunderschöne Plätze zum Übernachten – aufgrund des „Estado de Alarma“ gibt es nun eine Ausgangssperre von irgendwann abends bis irgendwann morgens – sind wir nun illegal? – Benno versucht abends jetzt immer alles auszupinkeln, damit er nachts nicht mehr das Zelt verlassen muss und sich somit an die Ausgangssperre halten kann – es fühlt sich schon komisch an, aber was soll man machen? – Abbrechen? – Nee! – wir reden viel über unsere Gefühle zu diesem Thema – wir, bzw. unser aktueller Lebensstil passt einfach nicht in die Coronamaßnahmen oder die Coronamaßnahmen passen nicht zu unserer Art zu Leben – wir müssen also irgendwie unsere eigenen Regeln machen – immerhin haben wir unsere sozialen Kontakte schon massiv reduziert seit wir im Juni 2019 losgefahren sind – quasi ein Vorsprung :) – vom Reiseleiter bekommen wir noch einen Kontakt in Palma – das ist super, da die Fähre nach Denia um 8 Uhr morgens losfährt – witzig ist, dass der Kontakt „Dr. Sommer“ heißt – zuerst verstehen wir es nicht, aber es ist wirklich der Dr. Sommer – er hat 23 Jahre in dem Team gearbeitet und ist somit quasi ein Promi – hier ein Artikel aus dem Mallorcamagazin – wir wollen ihn und seine Freundin zu einer Demo gegen Angst wegen Corona begleiten, aber die Demo wurde nicht erlaubt – mit ihm und seiner Freundin haben wir tolle Gespräche – ein Thema kommt immer wieder auf – wir werden aufgeklärt und fragen interessiert nach – Dr. Sommer und seine Freundin haben ein ganz besonderes Verständnis davon, wie die Welt im Zusammenhang mit Covid funktioniert – die Menschen werden aktuell gefügig für eine Impfung gemacht – der Weg in die Diktatur – Covid ist weniger gefährlich als eine normale Grippe – es ist schwierig, alle Argumente nachzuvollziehen – es ist auch unangenehm sich vorzustellen, dass unsere Freunde, Familie und unsere Politiker alle falsch liegen und wir alle verarscht werden – wir hinterfragen die Quellen unserer Gastgeber – es ist sehr komplex, Wahres mischt sich mit Spekulationen – wir bekommen PDF Grafiken gezeigt, die die Untersterblichkeit aufgrund von Atemwegsinfekten im Vergleich zu Vorjahren anzeigen – Quelle? – oben steht RKI, sieht aus wie eine echte Folie, aber kein Quellenverweis – die zwei informieren sich viel über andere Kanäle als nur tagesschau – sie holen sich die Infos von überall – puh,… sehr komplex - hier ein Beispiel Video (facebook) welches Dr. Sommer an seine Sozialmedia Kontakte, zu denen wir nun auch gehören, verteilt – wir einigen uns darauf, dass die Zwei auf Demos gehen und sich darum kümmern, dass wir Zwei einfach glückselig weiterreisen können – es muss unglaublich und enorm schwierig sein, so davon überzeugt zu sein, dass die Welt gerade so falsch ist und alles in eine so lügnerische und verlogene Richtung geht – wir ziehen unsere eigenen Schlüsse und bleiben kritisch – und zwar in alle Richtungen – am nächsten Morgen geht es früh Richtung Fähre – es war eine spannende und wunderschöne Begegnung – wir umarmen uns herzlich zum Abschied – es tut gut – von Denia sind es dann ca. 700 km kürzeste Strecke bis Gibraltar – wir haben allerdings einige Tage zuvor die Info erhalten, dass einige Regionen in Spanien dicht gemacht haben – wie es scheint werden wir nun illegal Bundeslandsgrenzen überqueren – wie das wohl wird – wahrscheinlich super unspektakulär und einfach – hoffentlich?!?! – hoffentlich kein Heli der unser Zelt zerstört
Und hier noch ein paar Gedanken, die so in Maries Gehirn sind:
Manchmal ist das Reisen nicht so frei, wie man es davor vielleicht gedacht hat – oder wie es von außen wirken kann – die Gedanken reisen ja trotzdem mit – den Sorgen ist die schönste Landschaft drum rum auch egal – und Ablenkung von den Sorgen gibt es nicht soo viel, wenn man so vor sich hinradelt – außer wenn Benno mal was sagt – aber die Pandemie ist auch hier in meinem Kopf – und die Sorgen, wo das alles noch hinführen soll – Masken, Lockdowns, … führt das irgendwann zur Entfremdung untereinander? – und ist das jetzt die neue Wirklichkeit? – wie finde ich da meinen Weg, positiv damit umzugehen? – lohnt es sich schon, aufzuhören darauf zu warten, dass es wieder so wird wie früher? – ich glaube schon – und wo fang ich an? – müssen wir doch zurück nach Deutschland? – muss ich mich der Angst und trüben Stimmung, die in den Medien herrscht, anschließen? – oder darf ich trotzdem mein Leben genießen und Spaß haben? – fühlt sich manchmal schon fast unangebracht an – und können wir weiter reisen? – oder ist das unverantwortlich? – auch wenn wir nur einkaufen gehen und vielleicht einmal pro Woche engen Kontakt zu einer Person haben? – wo will ich anfangen? – auf jeden Fall dabei, keine Angst zu haben – die Zukunft ist und war immer ungewiss – es gibt weiterhin so viele tolle Menschen auf der Welt – die Hälfte unserer Gastgeber bisher haben durch Covid neue Wege eingeschlagen, Jobs gekündigt – schöne Wege, auf denen sie sich endlich selbst verwirklichen – wer weiß schon, wie es weitergeht – ich hab aber Vertrauen, dass es schon irgendwie gut wird.
Denn die Gedanken reisen immer mit und wenn man sich Sorgen macht, ist es egal, wie schön die Landschaft um einen rum ist – dann macht man sich trotzdem Sorgen. Vielleicht auch noch mehr, wenn man „sonst nichts zu tun hat“ oder eben keine Ablenkung hat. Da kommen dann Gedanken hoch wie z.B. „Wo soll das alles noch hinführen mit der Pandemie?“ und was für Langzeitauswirkungen werden diese Masken, Lockdowns und so weiter für uns als Menschen haben, für die Kinder und für die Älteren und für alle dazwischen. Wann gewöhnen wir uns an die neue Wirklichkeit und hören auf darauf zu warten, dass es wieder „so wird wie davor“? Oder müssen wir doch nur ein bisschen länger aushalten und dann wird alles wieder so wie davor? Wollen wir das überhaupt oder wollen wir die Chance nutzen, was zu verändern? Aber was sollen wir jetzt verändern in einer Welt, die – zumindest in Europa – gerade stillzustehen scheint? Und wo fängt man an?
Mein Vorsatz ist, dass ich als erstes damit aufhöre Angst zu haben. Denn Angst lähmt mich und trübt meinen Blick in die Zukunft. Ich möchte mutig sein und Vertrauen in die Menschen und die Menschheit haben, dass sich die Welt auch zum Positiven verändern kann. Vielleicht dauert es noch und vielleicht fängt es klein an, aber die Chancen sind da und stehen nicht zu schlecht.
Zuversicht gewinne ich immer wieder durch die kleinen Begegnungen im Alltag, die wir trotz Corona haben. Mit Menschen, die weiterhin offen sind und sich mit uns unterhalten, auf uns zukommen und uns sogar ein Schlafplatz anbieten. Weiterhin offen bleiben trotz Masken und Isolation – das ist mein Ziel.
Weiterhin haben bisher von den vielleicht 10 Menschen, die wir in den letzten 4 Wochen getroffen haben, die Hälfte davon durch Covid oder auch schon kurz davor ihren Job gekündigt / wurden gekündigt und wollen sich endlich verwirklichen, ihr Leben ändern zu einem Leben, in dem sie wirklich erfüllt und glücklich sind. Durch den Stillstand der Welt und die Besinnung auf sich selbst und auf das Wesentliche sind viele Prozesse in Gang gekommen. Das lässt hoffen.
Tja, und was will ich, was wollen wir?
Nachdem wir wieder ein bisschen Abstand zu unserer Deutschlandzeit haben, läuft die Radelroutine wieder – diesmal mit mehr Zwischenstopps, längeren Pausen und auch mal Wanderungen statt immer nur Fahrrad zu fahren. Es ist weiterhin schön, dass wir uns haben und dass wir reisen können, dass wir noch mehr von der Welt und den Menschen kennen lernen dürfen. Wir hoffen, das geht noch eine Weile so weiter und die Covid-Maßnahmen schränken uns da nicht zu sehr ein. Es wäre einfach zu schade…
Wir freuen uns immer sehr über eure Gedanken zu unseren geschriebenen Worten, Bildern, Videos. Vielleicht auch Meinungen zu unserer Entscheidung weiter zu reisen und an die Grenzen zu gehen oder auch über euren Umgang mit der Covid-Situation.
Gerne per Whatsapp, Sprachnachricht (Benno: 015773184559), E-Mail (weg@kerk-loh.de), Kommentarfunktion oder auch sonst irgendwie.
Funfact:
- Bei Dr. Sommer hat sich Benno gewogen, ca. 65kg wiegt er aktuell. Bei Abfahrt im Juni waren es fast 80kg. Marie hat dagegen 2-3kg gewonnen. Verrückt, oder? Jetzt wiegen die zwei fast ähnlich J
- die erste Bundeslandgrenze haben wir schon überquert – ohne es zu merken
Hier noch eine kleine Kurzgeschichte, zum Vorlesen im Bettchen mit oder von euren Liebsten: „Un descubrimiento en los Pirineos“ Benno und Marie sind zwei Radreisende auf dem Weg über die Pyrenäen. Die Pyrenäen sind ein großes, langgezogenes Gebirge, das Spanien und Frankreich trennt. Die zwei haben viel Zeit, die Menschen und Landschaft auf ihrem Weg zu beobachten und machen dabei unglaubliche Entdeckungen. Eines Tages passieren viele Ereignisse, die dazu führen, dass folgende Geschichte entsteht: Die Landschaft in den Pyrenäen ist von weiten Aussichten geprägt und von Kiefern, welche auf dem moosigen Waldboden hochhinaus wachsen. Gut asphaltierte Straßen klettern hinauf und hinab an den Hängen dieses Abschnitts der Gebirgskette. Aufgrund der Steigung nehmen die Nasen der Beiden den Geruch der Nadelbäume noch intensiver war. Nach oder auch vor Einbuchtungen zum Parken von Autos fallen Marie und Benno häufig interessant gekleidete Menschen entlang und abseits der Straße auf. Menschen von unterschiedlichstem Alter, mit Wanderstöcken und Strohkörben ausgestattet, ziehen an den Hängen entlang. Was diese wohl abseits des Asphalts in dieser von der Natur belassenen Landschaft suchen? Während einer Pause etwas abseits der Straße, auf einer von Moos umgebenen Wiese, hören die Beiden komische Geräusche. Dumpf, aber klar wahrnehmbar, immer wieder aufzischend, als wenn jemand versucht, seine Stimme zu finden. Marie hört es als erstes: „Salut, Haalllooo, Äntschuldigung….“. Nun hört Benno es auch: „Hallo, ihr seid deutsch?“. Völlig verblüfft und verwundert bejahen die beiden. Benno fragt sich noch, ob er was Falsches geraucht hat. „Ich bin ein Delegado del Presidente de la rovellos und auf der Suche nach Antworten“, sagt er mit starkem Akzent, der ähnlich wie ein spanischer Akzent klingt. Er erklärt uns, dass seine Gemeinde ratlos ist und im ganzen Wald Posten aufgestellt hat, um herauszufinden, was aktuell los ist. Seit Anfang Oktober ist die Zeit, wo die Rovellos sich häufig draußen aufhalten und die für sie angenehmen Temperaturen unter den Nadelbäumen genießen. Diese Zeit ist immer mit einigen Risiken verbunden, aber dieses Jahr ist alles anders, erklärt der „el emisaro“. Seitdem die Ausgehsession dieses Jahr gestartet hat, sind viel mehr von diesen Menschen mit Wanderstöcken und Strohkörben unterwegs. Er sagt, dass es speziell für diese durchaus gefährliche Zeit im Jahr eine Überwachungs- und Kriseninstitution gibt namens „RKI“. Mit großen Augen schauen wir ihn an. Er sieht so komisch aus. Rötlich, sogar etwas schleimig. Sein Körper bewegt sich kaum bei sprechen, trotzdem entnehmen Marie und Benno seiner Stimme, dass er sehr aufgeregt ist. „Ihr wisst nicht, was das RKI ist? Es bedeutet „Rovello Kollektions Inter-Monitoring“. Die RKI hat sofort Anfang Oktober eine Meldung an Presidente de la rovellos gegeben, dass die „Kollektion de Rovellos“ massive números aufweist (da er dies mit lustigem spanischem Akzent sagt, muss Benno fast lachen, aber es wäre wohl der falsche Zeitpunkt gewesen). Interessanterweise gab es im Frühjahr keine „nùmeros de collection“. El Presidente habe nun sofort reagiert und die Bevölkerung informiert. Niemand habe die Warnung ernst genommen und da die Vermisstenmeldungen immer erst verzögert eingeht, konnte man das Ausmaß noch nicht erkennen. Die Lamellen unter seinem rötlich gefärbten Hut zittern ein wenig. Dass zu der Session die Verschwinderate höher ist als in anderen Zeiten im Jahr, sei normal. Aber der Anstieg sei so hoch gewesen, dass der El Presidente sogar eine Aufenthaltssperre unter den beliebten Kiefernbäumen ausgesprochen hat. Da dem Rovellostaat aufgrund der Unbeweglichkeit der Körper, keine Exekutive zu Verfügung steht, konnte es aber so gut wie nicht durchgesetzt werden und lediglich an die Vernunft der Bürger appellieren. El Delegado erklärt uns, dass es sogar einige Rovellos gegeben hat, die sich Hüte aus Alu gebastelt haben und sich damit unter der Kiefern gesetzt haben. Diese seien aber schnell in die Zahl der etlichen Vermisstenmeldungen eingegangen, schluchzt er traurig. Vor einiger Zeit ist wieder etwas Ruhe eingekehrt und aufgrund der Maßnahmen konnte die Kurve wieder abgeflacht werden. Welche Maßnahmen genau zu welchem Erfolg geführt haben, ist der Regierung noch unklar. Er beschreibt allerdings, dass vor Kurzem die Zahlen wieder überproportional ansteigen und man nicht genau wisse, weshalb. Nun zittert er von Stiel bis Hut und fragt: „Habt ihr Zwei vielleicht eine Erklärung, die ich an El Presidente weiterleiten kann?“ Benno und Marie schauen sich an. Entsetzen, Staunen und Bewunderung über diese kleine Gestalt lässt sich aus ihren Gesichtern lesen. Wieder einmal eine Situation, die niemand Zuhause glauben wird. Marie setzt als erstes an: „Also, die Menschheit unterliegt aktuell einer Pandemie“. Die zwei erklären dem Pilz, dass zunächst Ausgangssperren in Spanien gegolten haben und daher keiner seiner Mitbürger aufgesammelt wurde. Seitdem die Situation allerdings wieder entspannter ist, sind die Menschen wieder aktiver und genießen insbesondere Aktivitäten, die draußen stattfinden, da dies die Ansteckungsgefahr verringert. Nun hat die Regierung in Katalonien vor einiger Zeit noch die Bars und Restaurants geschlossen und dies hat zur Folge, dass nun auch jüngere Menschen das Weite aus der Stadt suchen und in den Wald gehen. El emisaro wippt vor Verwunderung und Aufregung seinen Hut auf und ab. Er schaut Benno und Marie fragend an: „Und was sollen wir Rovellos nun tun?“ Die Zwei wissen es auch nicht. Vielleicht besser verstecken, nicht in großen Gruppen auftreten, zuhause bleiben. „Und wie lange wird das andauern?“ fragt er weiter. Benno und Marie erklären ihm, dass die Zukunft einfach ungewiss ist. Sie erläutern, dass sie versuchen werden das Leben weiterhin in vollen Zügen zu genießen und im Moment zu leben. Vielleicht wird es nicht mehr so, wie es früher einmal war, aber es wird gewiss anders und bestimmt auch toll. Der Rovello muss diese ganzen Infos erst einmal verdauen und Marie und Benno verabschieden sich und radeln, immer noch erstaunt über diese besondere Begegnung, weiter. Vielleicht wird es ja einen erneuten Lockdown der Menschen geben und die Pilze können wieder Partys feiern.
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