Begegnungen im Iran – so viele und so intensiv
- B&M
- 12. Nov. 2019
- 21 Min. Lesezeit
Aber zunächst noch ein paar Funfacts aus dem Iran:
- es liegen auf den Straßen überall einzelne Schuhe rum
- wenn die Männer Marie die Hand geben, gucken sie meistens weg
- „Welcome to Iran“ hören wir mindestens einmal am Tag
- Wenn wir die Iraner auf Persisch fragen „Sprichst du Farsi?“, kommt es immer wieder zu lustigen Verwirrungssituationen
- auf ein Motorrad passt eine 5-köpfige Familie, einmal waren es sogar sechs (ein Baby)
- gefahren werden die Motorräder teils auch schon von 8-Jährigen Kindern
- Benno hat gelernt, wie ein Iraner zu beten
- Die Iraner fahren crazy Auto. Wir haben einige Beinah-Unfälle gesehen. Z.B. zieht einer voll bescheuert raus und der andere muss eine Vollbremsung machen. Und dann passiert etwas Unglaubliches… Die beiden Autofahrer lächeln sich nett zu, winken und fahren beide weiter – ist das nicht verrückt!?!
- Marie und Benno fahren in Bandar Abbas Auto - es passiert nichts. Einmal war es aber recht knapp. Wir haben dann gelächelt, nett zugewunken und sind weiter gefahren
- in italienischen Restaurants gibt es Pizza mit Ketchup
- Benno trinkt Wein, Bier und selbstgebrauten Schnaps. Es gibt auch Marihuana, Hasch und Opium Hier noch die Links zum neuen Iran Rumgeradelt Schnitt, neuen ersten Indoor SlomoVideo mit lustigen Freunden und dem FotoAlbum Iran.
Begegnungen im Iran – so viele und so intensiv
Wir waren ca. 6 Wochen im Iran unterwegs. Der Iran ist ca. 4x so groß wie Deutschland und hat ähnlich viele Einwohner und wir haben sehr, sehr viele Leute getroffen und gemeinsam Zeit verbracht, uns „unterhalten“ und kennen gelernt. Wir schätzen die Begegnungen mit den Menschen mindestens genau so viel, wenn nicht mehr, als die Einblicke in die Natur und die Umgebungen. Die Iraner sind unglaublich. Jedes Mal fällt uns der Abschied schwer. Jedes Mal fällt es uns schwer so viel zu erhalten, ohne „etwas“ zurückzugeben. Jedes Mal haben wir gespürt, dass wir ohne etwas zu geben doch viel geteilt haben. Jedes Mal ein schönes Gefühl so willkommen zu sein.
Wir werden hier nur „ein paar“ Begegnungen skizzieren, ansonsten müssten wir ein Buch schreiben. Auf dem Fahrrad ist man sooo nah an den Menschen dran. Wir unterhalten uns während des Fahrens mit Leuten im Auto, auf dem Motorrad und am Straßenrand. Es gab etliche Situationen, in denen uns vom Straßenrand zugerufen wurde „Chai, Chai“. Folgendes passiert ca. 3x am Tag in jeglichen Ausprägungen: ein Auto fährt an uns vorbei und stoppt 100 m vor uns. Jemand steigt aus und winkt uns ran. Es werden Fotos gemacht, Standardfragen gestellt (Wo kommt ihr her? Wo fahrt ihr hin? Seid ihr verheiratet? Habt ihr Kinder?). Nein, wir sind nicht auf Instagram. Welcome to Iran – danke! Dann bekommen wir meist irgendwas geschenkt, lehnen es ab, bekommen es aber trotzdem. Wir werden zum Frühstück, Mittagessen, Abendessen und Übernachten nach Hause eingeladen. Geschätzt haben wir über 100 Einladungen zu irgendetwas ablehnen müssen, ansonsten wären wir immer noch im Norden Irans unterwegs. Jede dieser Begegnungen ist etwas Besonderes und macht unseren Besuch im Iran zu dem, was er ist. Jede dieser Begegnungen lässt unser Herz aufblühen und uns tut es echt leid, dass wir nicht alle Einladungen annehmen und alle diese wunderbaren Menschen nicht näher kennen lernen konnten.
Uns ist durchaus auch klar, dass wir eher mit den liberaleren und weltoffeneren Einheimischen in Kontakt kommen.
Hier kommen nun ein paar, die aus der Masse der Begegnungen hinausgestochen sind und deren Einladungen wir dann doch mal angenommen haben. Wir werden diese Begegnungen nie vergessen:
Das erste Auto
Kurz nach der Grenzüberquerung hält ein Auto an. Der Fahrer steigt aus. Er wirkt sehr aufgeregt und zückt sein Handy. Er scheint uns zu filmen und fängt an mit uns zu reden. Ein weiteres Auto hält an. Wir stehen in einer schönen Landschaft auf einer Landstraße, die am Berg entlangführt. Aus dem anderen Auto steigen zwei schicke Männer aus, ungefähr in unserem Alter, ihr Englisch ist gut. Marie wird sogar direkt gemobbt, weil sie ein Wort auf Englisch nicht verstanden hat. Akustisch nicht verstanden, wohlgemerkt. Wir kriegen alle Standardfragen gestellt und alles wird tatsächlich live auf Video aufgenommen. Echt strange Situation. Wir verabschieden uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Unser erster „tiefere“ Einblick
In unserer ersten Stadt „Tabriz“ wollen wir direkt in die Stadtmitte zum Basar, um Geld zu wechseln. Am Stadtrand angekommen checken wir erst, dass es noch ca. 20 km dauert, bis wir am Basar ankommen würden. Doch ganz schön groß, die Stadt. Okay, erst mal was essen. Im Restaurant werden wir von einem ca. 60-jährigen Mann angesprochen. Sein Name ist Ali. Er wohnt nebenan. Innerhalb von 20 Minuten sitzen wir geduscht auf seiner Couch und lernen seine Frau und seine zwei ca. 30-jährigen Söhne kennen. Wir fahren mit dem Auto in die Stadt, die Jungs wechseln für uns Geld und helfen uns mit der iranischen Simkarte. Benno bekommt die Zugangsdaten für einen VPN Tunnel von einem Sohn. Der VPN hat die kompletten 6 Wochen super funktioniert. Viele andere Reisenden haben Probleme damit.
Es gibt Abendessen, wir machen Kebab und essen auf dem Teppich im Wohnzimmer. Marie bekommt etwas Vegetarisches. Danach geht es mit der ganzen Familie auf den Stadtberg und es gibt bei Tee lustige Gespräche. Zuhause gibt es dann „Traubensaft +%“ und die Satellitenschüssel für internationale Kanäle ist versteckt hinterm Balkonsims. Wir kriegen von den Jungs und dem Vater einige Storys erzählt. Mit der Mutter unterhalten wir uns über Google Translator. Wir wachen bei tollem Licht des Sonnenaufgangs im Wohnzimmer auf und bekommen noch ein ausgiebiges Frühstück serviert. Ali möchte, dass wir länger bleiben und noch da sind, wenn er später nach Hause kommt. Wir wollen aber weiter, der Iran ist groß. Somit verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Nachmittags erhalten wir noch eine Nachricht von Ali: „Dear Benno and marie, afternoon when i came back home and see that you have gone, I became very cheerless. In Iran, if had any problem call me i will help you.“ Wir bedanken uns und schreiben zurück, wie dankbar wir sind, ihn getroffen zu haben.
Bauernfamilie
Auf der folgenden Hochebene ist es recht windig. Wir finden eine kleine Obstplantage in einer Nische. Während wir noch überlegen, ob wir dort nächtigen sollen, kommen zwei Jungs auf dem Moped vorbei und schauen, was wir so treiben. Wir fragen, ob wir dort übernachten können. Leider können die Zwei kein Wort englisch – so muss der Google Translator her. (siehe Fotos mit dem Bild von den Übersetzungen mit dem Wolf namens Rainer). Wir verstehen, dass wir dort übernachten können und es sicher ist. Wir freuen uns und schieben die Bikes runter. Wir schicken Reza, Bennos Farsi sprechendem Arbeitskollegen die Übersetzung und erfahren, dass die Übersetzung eigentlich lautet: „Hier ist es nicht sicher, hier gibt es Wölfe. Ihr könnt in der Moschee oder im Dorf schlafen“. Naja…. Marie legt das Messer neben die Isomatte und Benno das Pfefferspray. Wir bauen unseren Schlafplatz auf, essen und gehen ins Bett sobald es dunkel ist. Wir schrecken aus dem Schlaf auf! Ein Auto kommt und hält oben am Weg an. Ist es nun soweit und wir werden das erste Mal weggeschickt? Müssen mit dem Fahrrad durch die Dunkelheit fahren und uns irgendwo anders verstecken? Benno öffnet das Zelt und schaut raus. Zwei Lampen leuchten in sein Gesicht, er sieht nichts. „Salam“ ruft er aus dem Zelt und versucht mit den Händen den Schein der Taschenlampen abzuwehren. Nach ca. 10 Minuten Diskussion über den Translator, dass wir schon Abendessen hatten und die 5 kg Trauben nicht unbedingt benötigen, versprechen wir, um weiter Schlafen zu können, morgen früh zum Frühstück vorbeizukommen. Der Junge, den wir vorher getroffen hatten, und sein Onkel erklären sich einverstanden und wir schlafen in Gedanken an diese absurde Situation ein. Am nächsten Morgen fahren wir zum Frühstück zu der Bauernfamilie nach Hause, trinken Tee und versuchen über den Translator zu kommunizieren. Sanktionen werden erwähnt, Marie bekommt Küsse, wir verabschieden uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Der Aufgreifer
Am selben Tag nach ca. 7 km fährt ein Auto an uns vorbei und hält 100 m vor uns an. Jamal steigt aus und wir unterhalten uns. Er fragt, wo wir hinfahren und es ist klar, dass wir in 30 km durch seine Stadt fahren werden. Wir müssen ihm versprechen zum Lunch zu kommen und wir tauschen Nummern aus. Okay, easy – wir können noch ein bisschen die wunderschöne Straße fahren und für uns sein, dann Mittagessen und weiter. Alles top. Kurz darauf merkt Benno allerdings, dass seine Bluetooth Kopfhörer, die er gestern noch benutzt hat, weg sind. Es wird alles durchsucht, sogar das Zelt von innen. Wir finden nichts. Benno entscheidet, zum Schlafplatz zurück zu trampen und dort zu nachzuschauen. Los geht es, das erste Auto - ein Jeep - nimmt ihn mit. Am Schlafplatz angekommen ist leider nichts zu finden. Also weitertrampen zur Bauernfamilie – das erste Auto, wieder ein Jeep, nimmt ihn mit. Pantomime und Fotos auf dem Handy erklären, was passiert ist. Auch hier nichts zu finden. Wahrscheinlich sind die Kopfhörer gestern bei 80km/h bergab vom Kopf geflogen. Benno gibt schweren Herzens auf. Das zweite Auto fährt Benno wieder zurück zu Marie. Doch Marie ist nicht mehr allein. Jamal ist nochmal umgedreht und wartet mit Marie auf Benno. Jamal und der Jeepfahrer sprechen auf Persisch. Unsere Fahrräder werden auf den Jeep geladen und Marie ins eine Auto, Benno ins andere und wir werden inklusive Fahrräder zu Jamal nach Hause gefahren. Dort verabschieden wir den Jeepfahrer und hoffen, dass es auf seinem Weg lag – weil ursprünglich ist er ja in die andere Richtung gefahren.
So, und nun passiert ein Ablauf, der auch typisch ist. Wir kommen an und sollen duschen, nach dem Duschen gibt es Essen – sehr, sehr viel Essen und super lecker. Nach dem Essen werden wir gefragt, ob wir Mittagsschlaf machen wollen. Wir müssen ja sehr müde sein. Wir sind nur 7km gefahren!!! Okay, anstatt Mittagsschlaf gibt es Nüsse. Wir sind soo voll, dass wir uns nicht mehr bewegen können. Eigentlich wollten wir weiter. Wir werden eingeladen zu übernachten – ich sag euch, das war deren Plan von vorne rein! Am Abend besichtigen wir noch eine Moschee und gehen Pizza mit Ketchup essen, bezahlen dürfen wir nicht. Schlafen tun wir im Zimmer vom Sohn, er schläft im Wohnzimmer. Nach einem ausgiebigen Frühstück verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Zero Waste Heldin mit nervigen Englischlehrer
Ein wenig später treffen wir eine Frau, die wir über die Plattform „warm showers“ gefunden haben. Ihr Outfit unterscheidet sich ein wenig von dem traditionellen Outfit der übrigen Frauen auf den Straßen. Sie hat eine coole Hose an und ist nicht komplett verschleiert. Zuerst auch ungewohnt, sie alleine anzutreffen – sonst sieht man kaum eine Frau alleine in der Stadt. Wir wollen zusammen Kaffee trinken oder im Park ein bisschen quatschen - bei ihr zu Hause können wir leider nicht sein, da sie momentan wieder bei ihren Eltern wohnt und der Vater keine Ausländer bei sich im Haus haben will. Schade. So erfahren wir auch mal diese Seite von Ausländerfeindlichkeit, bzw. Angst oder Vorbehalte gegenüber Ausländern.
Als wir gerade einen Platz zum Quatschen und Picknicken gefunden haben, gesellt sich der Englischlehrer des Dorfes mehr oder weniger ungefragt zu uns. Er reißt das Gespräch an sich und erzählt uns viele Dinge über den Iran und die Iraner. Dabei verwendet er in jedem zweiten Satz die Phrase „believe it or not“, was nach dem 10. Mal dann doch etwas nervt. Viele der Fragen an die spannende Frau über ihr Leben mit Zero Waste, ihren veganen Ernährungsstil und ihr Leben an sich als Frau im Iran bleiben offen. Marie findet sich stattdessen nach 5 Minuten in einem „Patienten“gespräch mit dem Englischlehrer wieder über langjährige Schlafstörungen, Rückenschmerzen, die richtige Medikamentenwahl und letztlich auch über Potenzprobleme. An diesem Punkt beendet sie die medizinische Beratung und verweist auf iranische Kollegen, die sich auf diesem Gebiet sicherlich auch auskennen. Danach überlegt sie sich sehr genau, ob sie ihren Beruf überhaupt verraten soll oder nicht. Die Frau hat uns trotzdem beeindruckt. Wir verabschieden uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Die Holzfäller
Wir sind auf der Suche nach Wasser. An einer Hütte in der Steppe im Nirgendwo sind ein paar Männer, die irgendwas arbeiten. Was genau, verstehen wir nicht. Irgendwo haben sie Baumstämme her, die sie zuschneiden und durch das Land fahren. Wir fragen nach Wasser und werden direkt zum Tee, Brot und Käse eingeladen. Englisch kann nur einer von ihnen ein paar Fetzen. Wir unterhalten uns also mal wieder per Google Translater. Trotz der teilweise komischen Übersetzungen kommt ein bisschen Austausch zustande und wir haben Spaß zusammen. Wir sitzen mit ca. 10 Männern jeglichen Alters in einem Raum und es herrscht eine nette Atmosphäre. Einer von ihnen hat eine Frage an uns und tippt diese in das Handy ein. Übersetzt wird: „You will be pulled out of your blood, and leave the country“. Hm, was will er uns damit sagen? Ist es eine versteckte Drohung? Die Stimmung war doch eigentlich gerade noch gut. Wir entscheiden uns dafür, dass die Übersetzungs-App wohl nicht funktioniert und entspannen uns. Nach einigen Selfies mit den Fahrrädern fahren wir weiter und verabschieden uns. Wir werden diese Begegnung nie vergessen.
Einige Zeit später zeigen wir die Übersetzung einem Iraner, der besser englisch kann als das Handy. Zudem hatte der Junge wohl einen Buchstaben vergessen einzutippen. Die Übersetzung lautete: „Vor wie vielen Tagen habt ihr euer Zuhause verlassen und durch wie viele Länder seid ihr gefahren?“
Kickerboys
Ein Auto fährt an uns vorbei und hält an. Wir sollen mit zum Hotel (die Insassen sind Inlandsurlauber) und einen Tee trinken. Okay. Wir kommen mit und spielen mit dem Staff und den Leuten Kicker und hängen ein wenig ab. Englisch kann nur einer. Benno tauscht mit einem vom Staff Nummern aus, er spricht aber kein Englisch. Zwei Wochen später sitzt Benno an seinem Ölwechsel in Teheran auf dem Balkon und ein Videoanruf kommt rein. Es ist der liebe Freund vom Kickern, er liegt auf dem Bett und sagt irgendwas auf Farsi. Er deutet mit den Fingern ein Herz vor seiner Brust, lässt es schlagen und zeigt auf Benno „I love you“. Es wird sich verabschiedet, aufgelegt und Benno macht mit seinem Fahrrad weiter und wird diese Videobegegnung nie vergessen.
Im Iran gibt es auch Bodybuilder
Wir fahren eine Küstenstraße am kaspischen Meer entlang und fahren durch die Stadt Abbasabat. Ein roter Sportwagen fährt langsamer, als er auf unserer Höhe ist. Ein schicker Typ mit dicken Armen sitzt drin und lächelt uns zu. Wir halten kurz an. Er spricht kaum Englisch, aber wir verstehen, dass wir hinter ihm herfahren sollen, zu ihm nach Hause. Dort angekommen, eine Villa direkt am Meer, sitzen zwei weitere Muskelmänner auf dem Sofa. Es wird sehr, sehr lustig. Wir sollen duschen und es uns gemütlich machen. Wir einigen uns darauf, dass wir nur zum Lunch bleiben. Naja, „einigen“ ist übertrieben. Wir müssen über 30 Mal ablehnen, dass wir nicht über Nacht bleiben. Heute Abend machen die Boys ´ne Party und wollen uns gerne als Gäste dabei haben. Wir haben aber leider schon einem „Warmshower“ Host zugesagt und wollen dieses Mal unseren Plan nicht ändern. Während wir da sind, wird die Nebelmaschine geliefert – dickes Ding. Die Jungs sind echt lustig und wir verbringen zwei nette Stunden zusammen bis wir nach ausgiebigem Fotoshooting wieder auf den Bikes sitzen. „Wie abgefahren war das denn?“ denken wir und wissen bereits, dass wir diese Begegnung nie vergessen werden.
Ein Einblick in eine andere Welt in der anderen Welt
Unser Stiefvater und die China-Importeure wollen wir in unseren Begegnungen nicht unerwähnt lassen. Allerdings haben wir dies schon ausführlich in unseren Artikel vom 14.10. beschrieben.
Die Welt ist eine Scheibe - Ein Teheraner Frisbeespieler
Über Facebook haben wir uns erkundigt, ob es in Teheran vielleicht eine Frisbeetruppe gibt, mit der wir mal zocken können. Es gibt ein Team, aber die Antwort, die wir bekommen, kommt von einem Iraner, der bereits aus dem Team ausgetreten ist. Die sind ihm zu „serious“ geworden. Cool, denken wir uns. Über ihn bekommen wir den Kontakt von einem tatsächlichen Teammitglied. Wir dürfen ins Training kommen und sogar bei ihm und seiner Freundin eine Nacht im Wohnzimmer übernachten. Die zwei sind echt cool. Dass sie zusammenleben ohne verheiratet zu sein, findet seine Familie nicht so toll. Aber sie tun es trotzdem. Später lernen wir, dass dies „White Wedding“ genannt wird. In Teheran werden viele Traditionen bereits übergangen oder nicht mehr so ernst genommen. Eine erneute Revolution wird von den beiden allerdings nicht mehr gewollt. Zu groß sei die Gefahr, dass es danach noch schlimmer wird – wie nach der letzten Revolution. Lieber langsame, kleine und stetige Veränderungen. Spannende Gespräche mit den beiden.
Das Frisbeetraining wird dann ziemlich anstrengend. Trainiert wird mixed (auch wenn die Frauen immer ein bisschen abgesondert stehen) und im Spiel waren es die gleichen Probleme, die man auch so aus Deutschland kennt: die Männer spielen nur über die Männer, ballern immer lang, die Frauen werden oft nicht gesehen, usw. Wir als „internationale Experten“ werden auch aktiv mit eingebunden, sollen eine Übung anleiten und werden nach dem Training noch interviewt. Experten sind wir irgendwie schon, zumindest spielen wir in der Defense mit einem durchgängigen System (eine Seite aufmachen), nicht so wie die Iraner, die einfach auf jegliche Taktiken, sowohl bei Defence als auch bei Offence, verzichten. Aber genau das sei eben die iranische Taktik, wird uns erklärt. Marie musste leider frühzeitig mit dem Spielen aufhören, weil die Oberschenkel komplett zumachen. Jeden Tag Fahrradfahren beansprucht dann doch andere Muskeln als die Sprints auf dem Feld. Insgesamt hat es aber trotzdem mega Spaß gemacht. Wir verabschieden uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Orakel-Oma mit Fahrradszene-Tochter
Wir sind in Teheran und suchen nach einem Schuhmacher, der Bennos Fahrradschuhe neu beschlägt. Auf spitzen Steinen ein schweres Fahrrad zu schieben – dafür sind die Schuhe einfach nicht gemacht. Wir finden jemanden im Basar und kommen 2 Meter weiter mit einer netten Frau mittleren Alters ins Gespräch. Sie kann deutsch, da sie für einige Zeit in Deutschland gelebt hat. Sie erzählt von ihrer Tochter, die auch Fahrrad fährt. Wir verabschieden uns und ziehen weiter. Nach 4 h kann Benno die fertigen Schuhe abholen. Nach ca. 4 ¾ Stunden kommen wir zum Basar, um die Schuhe in Empfang zu nehmen, doch neben dem Schuhmacher treffen wir auch die nette Dame wieder. Sie hat extra auf uns gewartet und fragt uns, warum wir denn so lange gebraucht haben. Eine Dreiviertelstunde sei sie schon hier, um uns wieder zu treffen und uns zum Essen einzuladen. Wir sind überwältigt. Wir bekommen einen Zettel von ihr mit Telefonnummern, Instagram und Adresse und verabreden uns zum Abendessen bei ihr zu Hause. Dort lernen wir dann auch die Tochter kennen, die sich wöchentlich in Teheran mit ihren Freunden trifft, um Fahrrad zu fahren und die Fahrradszene zu unterstützen. Man darf wohl inzwischen das Fahrrad auch in der Bahn mitnehmen, das sei eine neue Errungenschaft. Cool. Sie will in Berlin weiter Physik studieren und wartet auf ihr Visum. Ist für die Iraner nicht so einfach, ein Visum für europäische Länder zu kriegen, weil sie ja offensichtlich alles Terroristen sind. Vor allem die jüngere Generation, die haben ja noch eine ganze Karriere in der Terrorszene vor sich. Man, sind wir privilegiert!
Wir haben einen netten Abend mit den beiden, lernen, wie man einen Teppich knüpft, unser Kaffeesatz wird gelesen und wir treffen noch die Fahrradfreunde der Tochter. Am Ende des Abends verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Der Atheist in Yazd
Auf der Suche nach unserer Gastgeberin in Yazd stehen wir etwas verloren in einer Seitenstraße, als uns ein junger Iraner anspricht. Ob wir nicht bei ihm wohnen wollen, mit ihm durch die Stadt laufen wollen, Zeit verbringen wollen. Wir sagen mal „vielleicht“ und tauschen Nummern aus. Später treffen wir uns mit ihm und er führt uns durch die Stadt. Er hat noch zwei weitere Touristen im Schlepptau. Marie erwischt sich dabei, wie sie nun schon selbst den beiden Italienern die Standardfragen stellt.
Der junge Iraner offenbart uns nach einer Weile, dass er Atheist ist, zeigt uns auch ein Tattoo auf seiner Hüfte, ein Symbol des Atheismus (eine Glühbirne). Er sagt uns, dass er nach seinem Studium Flüchtling werden will. Seine Zukunft im Iran sei aussichtslos. Er trainiert auch schon zu schwimmen, falls das Boot kentert. Er sagt, dass er lieber auf dem Weg sterben als für immer im Iran bleiben will. Marie kann das erstmal nicht glauben, aber vielleicht auch einfach, weil sie sonst niemanden kennt, der so absolut denkt und sich gezwungen sieht, unter Lebensgefahr sein Land zu verlassen. Am Ende verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Gehostet von der Frau des Hosts
Unsere Gastgeberin in Yazd haben wir mal wieder über „Warmshower“ gefunden. Ihr Mann hat dort inseriert, ist allerdings selbst auf Geschäftsreise. Er verweist uns aber an seine Frau. Diese sagt uns zu. Wir werden nett empfangen, am Anfang ist das Verhältnis allerdings noch etwas reserviert. Wir sind auch noch k.o. vom Nachtbus. Am ersten Tag läuft die ganze Zeit der Fernseher mit TeleTubbies und anderen Sendungen, die teils auf englisch sind. So sollen die Kinder nebenbei lernen. Marie ist eher genervt von der Dauerflut an Informationen und ist besorgt um das 2-jährige Kind, das nur noch auf den Fernseher starrt. Am nächsten Tag aber wird das Verhältnis immer wärmer und wir tanzen mit den 2 Kindern, Marie kriegt die Nägel lackiert, wir malen uns gegenseitig Sachen in unsere Erinnerungsbücher und haben viel Spaß zusammen. Die Frau umsorgt uns mit leckerem Essen – „Are you coming back for lunch?“ – und wir fühlen uns inzwischen sehr willkommen.
Als die Schwägerin noch zu Besuch kommt, zieht sich unsere Gastgeberin ein Kopftuch an. Hä? Die sind doch verwandt und beides Frauen. Zieht sie das Kopftuch nun wegen der Schwägerin an oder wegen Benno, vor dem sie eigentlich nicht ohne Kopftuch rumlaufen dürfte?
Am Ende unseres Besuchs verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Eine Deutsche in Teheran
Über entfernte Freunde, die zur gleichen Zeit wie wir auch in Teheran sind und unsere neue Isomatte und Zeltplane, ect. mitbringen, können wir bei einer deutschen Botschaftsmitarbeiterin übernachten. Sie ist in unserem Alter und wir bleiben insgesamt drei Nächte in ihrem Appartement. Wir gehen mit anderen deutschen Botschaftsmitarbeitern nett essen und sie zeigt uns einen Supermarkt, in dem wir Pesto finden. Geil. Wir fragen, ob sie auch iranische Freunde hat. Leider sei dies nicht so einfach, meint sie. Sie arbeitet direkt in der Visastelle und bei iranischen Freundschaften kommt es anscheinend oft an den Punkt, wo dieser Fakt einer offenen Freundschaft im Weg steht. Achso,… sowohl wir als auch das andere Pärchen haben ein eigenes Zimmer mit Doppelbett. Die Wohnung ist sehr groß, riesig. Benno trinkt viel Kaffee aus dem Vollautomaten. Wir essen gemeinsam im Wohnzimmer am großen Tisch, der soo oft auch nicht verwendet wird. Die Wohnung soll wohl Deutschland repräsentieren. Wir finden es äußerst beeindruckend und sehr mutig, sich dafür zu entscheiden Zeit in solch einem Land zu arbeiten und zu leben. Wir fühlen uns bei ihr sehr willkommen, fast schon Zuhause und genießen es, uns ausgiebig auf Deutsch auszutauschen. Zum Schluss bedanken wir uns und auch sie bedankt sich, dass wir da waren und dann verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Ein Dorf, ein Mann, ein Motorrad, drei Begegnungen
Auf dem Weg nach Kerman fahren wir so vor uns hin. Wir fahren an einem Mann am Straßenrand vorbei, der gerade auf sein Motorrad steigt. Er winkt uns zu, wir winken zurück. 5 Minuten später überholt er uns mit seinem Motorrad mit seiner Tochter hinten drauf. Standardfragen, Einladung zum Essen zu sich nach Hause. Wir lehnen dankend ab, hatten gerade gefrühstückt und wollen weiter. Aber danke. Wir winken, fahren weiter. Unglaublich, dass er uns extra hinterhergefahren ist. Wir sind wieder einmal erstaunt. 10 Minuten später überholt er uns erneut, diesmal mit Tochter und seiner Frau auf dem Motorrad und schenkt uns Brot und Kuchen. Wenn wir schon nicht bei ihm zu Hause essen wollen, dann sollen wir doch wenigstens das Essen mitnehmen. Danke. Wir verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Der Homestay-Besitzer und seine Frau
In der Nähe von Kerman haben wir schon übers Internet einen netten, jungen Besitzer eines Homestays gefunden, der zusätzlich Touren anbietet. In die Wüste, in die Berge wandern, vom Erdbeben zerstörte Dörfer besichtigen, usw. Wir quartieren uns für 2 Tage ein und machen eine Wanderung mit ihm. Er erzählt auch viel von sich und wie das Leben mit den Touristen sein eigenes Leben verändert hat. Seine Ansichten haben sich komplett verändert in Hinblick auf Religion, seine Ehe, Umgang mit den Menschen und vieles mehr. Er ist nur einer von mehreren Iranern, die wir treffen, die im Tourismus mehr Freiheit finden. Der Austausch mit den Touristen gibt neue Inspirationen, mehr Optionen und Ideen, sein Leben zu führen. Marie muss an das Buch eines Freundes denken, der darüberschreibt, warum die Menschen nicht intensivere und breitere Forschung über Lebewesen und Leben auf anderen Planeten betreiben. Das Grundkonzept der Menschheit könnte dadurch ins Wanken geraten, wenn man sieht, wie das Zusammenleben von Lebewesen sonst noch so funktionieren könnte. Das aktuelle System, die Gesellschaft könnte daran zerbrechen. Hm, vielleicht gibt es hier Parallelen.
Am zweiten Tag fragen wir ihn, ob wir ihm in seinem Business irgendwie helfen können und schnell gibt es einen Deal. Wir schreiben Texte für seine Website und bringen weitere Ideen zur Preisgestaltung und Möglichkeiten ein, wie er die Touristen dazu bewegen kann länger zu bleiben. Dafür kriegen wir Unterkunft und Essen für eine weitere Übernachtung umsonst. Er findet unsere Vorschläge gut, ist aber sehr genügsam und will nicht unbedingt noch mehr Touristen beherbergen. Es soll nicht zu stressig werden.
Zum Abschied flüstert er seiner 2-jährigen Tochter etwas zu und sie wiederholt es: „I am a little monkey and would like to meet you again.“ Wir verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Unsere Retter in der Wüste
Vom späteren Matrixdrehort beobachten wir einen Multivan näherkommen. Timo springt aus dem Auto, läuft etwas weg, nimmt seine Kamera in die Hand und schreit Hanna zu „Steig auf´s Dach!“. Autodächer kann sie anscheinend besser hochklettern als Palmen. Benno packt Marie und rennt auf die beiden zu. Er überlegt, ob er ihr zurufen soll „Bleib auf dem Dach, ich mache ein Foto von euch“, aber wir kennen uns ja noch gar nicht. Das ändert sich schnell. Wir verbringen den Tag in der Wüste gemeinsam, die Nacht Zelt an Auto, und den nächsten Tag mit Nacht nochmal komplett zusammen. Nach dem Frühstück verabschieden wir uns wehmütig. Die gemeinsame Zeit war kurz und geht schnell vorbei, aber irgendwie bleibt so viel bei uns. Sie erzählen uns einige Geschichten und Weisheiten übers Reisen. Zum Beispiel erzählen sie, dass ein Typ Bestechungsgeld gefordert hat und extra noch schnell eine Übersetzungs-App installiert hat, um ihnen das zu erklären. Die zwei haben dann einfach so getan, als würde die Übersetzung nicht stimmen und dann Sachen geantwortet wie: „Das Regal ist blau“ und gewartet, bis die Situation auch dem „Offiziellen“ zu blöd wurde. Leider wollen wir in den Süden und sie in den Norden weiter. Es wird noch kurz überlegt, ob die beiden ihre Route ändern und mit zu den Inseln kommen. Wir würden uns sehr freuen, aber der Weg ist einfach zu weit und somit verabschieden wir uns und werden die Begegnung nie vergessen.
Truckdriver Hamid
Wir wollen trampen. Der Iran ist zu groß und wir wollen nach Bander Abbas, um von dort aus auf die Inseln zu kommen. Wir stellen uns an den Rand der Straße und halten die Hand raus. Den Daumen rauszuhalten bringt hier nichts, da die Leute das nicht kennen und im besten Fall dann auch einen Daumen zeigen. Also einfach mit der Hand wedeln. Es halten ein paar Autos an, aber mit den 2 Rädern ist es nicht ganz so einfach. Ein Kleinwagen möchte uns sehr gerne mitnehmen, ist aber schon komplett voller Passagiere. Er versucht es trotzdem. Wir können doch quetschen und die Räder aufs Dach nehmen. Hm, nein, lieber nicht. Auch ein LKW-Fahrer ist sehr bemüht, hat aber auch die ganze Ladefläche voller Fässer. Schade, der wirkte echt nett. Er steht noch ein bisschen rum und während wir warten kommt er immer wieder mit neuen Ideen an. Wir können die Räder auch auf die Fässer oben drauf schnallen. Oder unter die Ladefläche binden. Wir sind skeptisch und obwohl er direkt nach Bander Abbas gefahren wäre, suchen wir weiter nach einer anderen Option. Wir finden eine. Aber nur für eine Teilstrecke und dann geht das Spiel von vorne los. Erneut sind wir erfolgreich für eine weitere Teilstrecke. Für den letzten Streckenabschnitt stehen wir wieder am Straßenrand und wedeln mit dem Arm. Und wer fährt vorbei? Der nette LKW-Fahrer. Er hält direkt an und jetzt ist es wohl Schicksal (denkt Marie. Benno glaubt nicht an Schicksal). Wir kraxeln auf die Ladefläche, hieven unsere Räder hoch und binden sie mit einem Seil fest. Passt schon. Im Führerhäuschen ist es super gemütlich mit Teppichboden (wir müssen die Schuhe ausziehen), Kühlschrank und Tischchen mit einer Thermoskanne Chai. Wir haben viel Spaß zusammen und hauen alles Farsi raus, was wir jemals gelernt haben und er all sein Englisch. Da kommt schon was zusammen. In Bander Abbas laden wir die Fahrräder ab – alles jut. Wir verabschieden uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Sie könnte unsere Mutter sein - Bunny
Ein Häschen? Nein, eine gestandene Frau, 62 Jahre alt. Sie ist Iranerin, ihr Name ist aber so kompliziert, dass wir sie Bunny nennen dürfen. Sie wohnt in London und hat neben dem iranischen auch einen britischen Pass. Sie ist Langzeitreisende und das meint sie ernst. 14 Jahre, 142 Länder. Sie reist alleine, weil zu zweit muss man sich zu viel abstimmen. Wir treffen sie, als wir auf die Fähre warten. Sie hatte wenige Stunden vorher ihre Pläne geändert und fährt nun mit uns auf die Inseln im Persischen Golf. Eine spannende Frau, die viele Geschichten zu erzählen hat. Was uns am meisten beeindruckt hat waren die Sätze „I’m born on this fucking earth, I want to see it!“ und die Aussage, dass ihre Reise nach Afghanistan ihr die Augen geöffnet habe. Zudem erzählt sie, dass sie schon zwei Mal verhaftet wurde und einmal waren 4 Maschinengewehre auf sie gerichtet, als man sie verdächtigt hat, eine Spionin zu sein. Aktuell überlegt sie aber, nach 150 Ländern in „Rente“ zu gehen. Am Ende der Fährfahrt verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Die Boys
Auf dem Rückweg von Queshm nach Bander Abbas warten wir auf die Fähre und werden von zwei Jungs angesprochen. Beide 27 Jahre alt und haben eine Nacht auf der Insel verbracht. Geschlafen haben sie einfach auf einer Decke ohne Isomatte oder Schlafsack. Ein Zelt hatten sie auf die Schnelle nicht mehr gefunden, zu spontan war der Kurzurlaub. Ihr Englisch ist echt gut und ein bisschen witzig, weil sie vor jedes Substantiv einen Artikel packen. „The Benno was in the Bander Abbas“. Sie erzählen uns, dass sie auch mal eine Fahrradtour machen wollen. Im weiteren Verlauf laden sie uns dann zu sich ins Appartement in Bander Abbas ein. Wir nehmen dankend an und werden dort herzlich empfangen und verwöhnt. Zudem helfen sie uns mit dem Kauf eines Bustickets (ausgestellt auf den Namen „Mister Benno“) und sonstigen Erledigungen. Wir hängen zusammen ab, der Alkohol wird ausgepackt. 4 Dollar für eine Dose Bier auf dem Schwarzmarkt – so eine teure Dose Bier haben wir noch nie getrunken und vor allem ist das in so einem billigen Land total ungewohnt. Wir haben mal wieder ein bisschen ein schlechtes Gewissen als wir erfahren, dass die beiden als gutverdienende Ingenieure 700 Euro im Monat verdienen und für ihr Leben ca. 500 Euro im Monat ausgeben. Trotzdem bestehen sie darauf, uns auch zum Essen einzuladen. Das sei die Kultur, keine Widerrede. Im weiteren Verlauf des Abends spielen wir das Tier-Spiel, Benno lernt, wie man richtig betet, wir drehen noch ein SlomoTanz zusammen, hängen ab und haben viel Spaß miteinander. Am Busbahnhof verabschieden wir uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
The Love-Story
Zahedan ist unsere letzte Stadt im Iran und von hier aus wollen wir mit einem Taxi an die Grenze fahren. Unser Gastgeber wohnt im Flughafengelände, er ist Fluglotse. Wir merken recht schnell, dass er vom anderem Ufer ist. Er hat einen Freund mit dabei, dieser ist aus Neuseeland – seine Familie kommt aber aus dem Iran. Die zwei scheinen sich schon länger zu kennen. Beim Tee, 30 Minuten nach unserer Ankunft, sagt der Gastgeber: „Acutally, he is my date“. Upps, da sind wir wohl ins Date geplatzt. Die zwei kennen sich erst seit 4 h. Wir gehen zu viert nett essen, quatschen über viel, unter anderem auch über Outcomings und wie die Situation als Homosexueller im Iran so ist. Insgesamt ist es sehr lustig. Wir laufen durch die Stadt und erledigen gemeinsam unsere letzten Vorbereitungen für Pakistan. Die beiden halten Händchen, wir nicht. Ist halt verboten zwischen Männern und Frauen, aber zwischen Männern hier normal. Später werden die Themen sehr tiefgründig und auch traurig. Wir fühlen mit, wie das Leben eines Homosexuellen im Iran sein kann. Er geht sehr offen damit um und alle wissen Bescheid, aber kaum einer erkennt es an. Seine Eltern denken, es sei eine Krankheit. Wir sind unglaublich beeindruckt, wie stark man manchmal sein muss, um man selbst zu sein. Die Gespräche gehen tiefer und tiefer. Irgendwann sind wir allerdings zu müde. Morgen wird es um 7:30 mit dem Taxi nach Pakistan gehen.
Am nächsten Morgen sind wir alle den Tränen nahe, wir verabschieden uns und werden diese Begegnung nie vergessen.
Wir fahren am nächsten Morgen zur Grenze - verlassen den Iran und werde diese Begegnung nie vergessen!
So, wer diesen Artikel bis zum Ende gelesen hat, verdient wirklich unser Lob. Uns würde interessieren, wer es geschafft hat. Kurze Meldung an weg@kerk-loh.de oder per Whatsapp an 004915773184559 oder auch kurzer Kommentar unter dem Artikel.
Comments