Armenien - zwischen Asien und Europa
- B&M
- 31. Aug. 2019
- 5 Min. Lesezeit
Aber kurz vorher noch ein bisschen Georgien. Hier kauften wir vor der Grenze zu Armenien noch etwas Obst bei einem aserbaidschanischen Obstverkäufer, bzw. wir versuchten es. Auf unsere erwünschten 4 Nektarinen kam noch die vierfache Menge anderes Obst obendrauf. Unsere Dreistigkeit, es bezahlen zu wollen, wurde mit Kaffee und Hochzeitsvideos der Schwester gekonnt abgewehrt.
Im Grenzgebiet zu übernachten, wird anscheinend nicht gerne gesehen, daher suchten wir ein wenig vor der Grenze nach einem Schlafplatz. Über die App „I Overlander“ kann man in solchen Momenten einen Vorschlag finden. Auf einem Hügel abseits der Straße, 15 min über eine Dirtroad mit toller Aussicht haben wir uns niedergelassen. Abends gab es in weiter Entfernung einige Wetterleuchten, die wir in der tollen Atmosphäre beim Abendessen (Erbsen-Instant von Knorr – mitgebracht von Jonas´ Eltern) beobachten durften. Bernds Worte, sich bei Gewitter, bzw. Wetterleuchten in der Ferne, keine Sorgen zu machen, nahmen uns die begründete Sorge. Der exponierte Schlafplatz war wunderschön und ein toller letzter Platz, um Georgien würdig abzuschließen. Wir haben noch nie so laute Donner gehört und das Zelt war bei jedem Blitz hell erleuchtet. Die Windböen waren dann doch ziemlich hart - so hart, dass wir beide von innen alle, jeder zwei, Zeltstangen festgehalten haben. Wir hatten Sorge, dass es die ganze Nacht so gehen wird, aber hatten uns auch schnell damit abgefunden. Leider hatten wir keine Hand frei, um die doch überraschend gute Stimmung während der ca. 20-minütigen „harmlosen“ Wetterleuchten auf einem Video einzufangen.
Auf dem Weg zur Grenze trafen wir dann noch zwei Österreicher, die mit Leichtgewicht und Rennrädern unterwegs waren. Die Grenze überquerten wir gemeinsam. Nachdem wir mit diesen dann insgesamt 30km in Höchstgeschwindigkeit nach Armenien reingeballert waren, trennten wir uns wieder. Unser Weg ging erneut abseits der großen Straßen Richtung Sewansee. Moderat ging es auf ca. 50km von ca. 500 Hm auf 2000 Hm auf die Hochebene, wo der Sewansee zu finden ist. Auf dem Weg überholte uns ein französisches Pärchen mit dem Auto. Kurz vorher hatten wir uns darüber unterhalten, wie großartig die Umgebung auf uns wirkt. Die Straße war super, die Aussicht toll und die Leute sehr nett. Das Pärchen in einem Jeep mit Aufbau sprach nicht gut Englisch, aber für „Not beautiful here, hm?“ hat es gereicht.
Die Gastfreundschaft ist unglaublich. Hier 3 Beispiele und das Fotoalbum Armenien:
In einem Dorf abgelegen der verbotenen M16, die nah an der aserbaidschanischen Grenze und den besetzten Gebieten vorbei geht (siehe Wikipedia), kauften wir Essen. Leider gab es kein Obst, sondern nur Brot und Räucherkäse. Naja, immerhin etwas. Wir setzen uns vor dem „Kiosk“ auf eine Mauer, um uns zu stärken. Vom Besitzer in den Garten zitiert, gab es dann ein Festmahl mit warmer Suppe, Nudeln, Brot, Käse, Salat, Limo, Süßigkeiten und etlichen Früchten aus dem Garten. Mit den Resten in den Taschen ging es weiter bergauf. Auch hier waren Hochzeitsvideos vom Sohnemann ein Highlight. Ernsthaft, echt krasse Partys, die die da machen.
In einem anderen Kiosk kauften wir Cola und setzen uns erneut draußen (oft stehen dort Bänke und Tische rum) in den Schatten. Der Besitzer fragte, ob wir Kaffee mögen. Wir bejahten und prompt gab es Kaffee und einen riesigen Teller voll leckerem noch warmem Kuchen. Die Männer, die im Kiosk arbeiten oder rumhängen, hatten den bestimmt nicht gebacken. Den Kuchenrest, den wir nicht schafften aufzuessen (so ca. 70%) mussten wir einpacken. Der Versuch, den Kaffee zu bezahlen, wurde mit zwei Becher Ice Coffee to go abgewehrt.
An den Straßen befinden sich an den verrücktesten Stellen Autohochfahrtdinger zum Reparieren der Ladas. Zwei Betonstreifen, die man hochfahren kann. Kurz vorm Sewansee, eine wunderschöne Landschaft, steht auf solch einem Betonding ein Lada. Daneben und drunter drei Männer, ca. Ende Fünfzig, die uns ranwinken. Eine super lustige und nette Stunde erwartet uns. Wir bekommen wieder viel zu Essen und Vodka angeboten. Der eine fährt sogar noch einmal los und kommt mit noch mehr Essen zurück. Wir telefonieren mit der Tochter von einem der Männer, die ein wenig übersetzt und wir sollen sie in Yerevan besuchen kommen. Wir können uns wieder nicht wehren und bekommen Essen für drei Mahlzeiten in die Hand gedrückt.
Route:
Beim letzten Blogeintrag haben wir noch geschrieben, dass wir uns wegen der weiteren Route Gedanken machen. Tja, das ist nicht so einfach, vor allem, wenn man wie wir noch nicht von vorneherein alles durchgeplant hatte. Und in Deutschland haben wir immer noch erzählt: Das Ziel ist erstmal Georgien. Da sind wir jetzt angekommen – und nun? :)
Unsere Spontanität und Flexibilität hat dann eben zur Folge, dass wir immer wieder neu überlegen, wo wir denn langfahren wollen. Und dann gibt es neben dem „wollen“ auch noch andere Faktoren zu berücksichtigen: Winter, Gebirge, bekommen wir ein Visum, etc.. Mit unserem Laienwissen über die Welt sind wir da teilweise noch überfordert, alles im Blick zu behalten – daher sind wir sehr dankbar und schätzen es enorm, dass unsere Freunde da für uns zu Hause mitdenken. So erreichte uns eine Nachricht von einem guten Freund:
„Moin Benno, ich mache mir Gedanken über eure Reiseroute, bzw. Sorgen. Denn wenn ihr wirklich über Zentralasien fahren wollt, wogegen ich inhaltlich überhaupt nichts habe, dann müsst ihr bitte die Temperaturen berücksichtigen. In Zentralasien werden im Winter -30°C und ich weiß nicht, wie gut es sich dabei fahren lässt. Bitte schaut euch das mal genauer an – wo wollt ihr langfahren und wann wird es da wie kalt. Zentralasien ist nicht viel anders als Sibirien und dort schneit es halt ab September und ab Oktober gibt es -15°C. Von den Gebirgspässen ganz zu schweigen – seid ihr sicher, dass die im Winter offengehalten werden? Ich will da jetzt auch gar keine Angst schüren á la „und da erfriert ihr in der Steppe wegen eines Plattens und keiner hat euch gesehen“, sondern sehe eher die Gefahr, dass ihr irgendwann in Hintertupflitschistan sitzt und nicht weiterkommt, d.h. entweder halbes Jahr in Zentralasien oder mit dem Flugzeug weiter.“
Also stellten wir weitere Recherchen an und fanden heraus, dass es zu der Zeit, in der wir in Zentralasien ankommen würden, es zu kalt und die Chance bei einem Platten zu erfrieren gar nicht mehr so gering sein würde.
Aktuell ist somit der Plan, dass wir nach Armenien in den Iran und dann über Pakistan nach Indien und dann weiter nach Nepal reisen. Und ja, Benno hat die Bestätigung für sein Iran-Visum bekommen (Marie fährt doch nicht alleine weiter) – abholen werden wir es in ein paar Tagen in Yerevan (Hauptstadt von Armenien). Hier lernt man echt noch Erdkunde ;)
Pakistan ist wahrscheinlich auch nochmal eine Nummer für sich – was man so hört, wird man durch den südwestlichen Teil mit Polizei eskortiert bis man sich in einem sicheren Teil von Pakistan befindet. Dass die Eskorte alle ein Maschinengewehr tragen, ist wohl nach einer Weile auch nicht mehr so komisch wie am Anfang. Benno fragt sich, ob es vielleicht möglich wäre, mit einem eigenen Maschinengewehr statt Polizeieskorte durch die Gegend zu radeln. Wir sind gespannt – bereits hier in Armenien gibt es einen anderen Zugang zu Waffen als wir ihn kennen. Marie hatte damit schon ein ziemliches Thema, z.B. als einmal ein Auto an uns vorbeifuhr und ein Typ mit einer nicht-geladenen Pistole in die Luft schoss. Wahrscheinlich hat er sich nur gefreut und wollte und daran teilhaben lassen – immerhin wird hier auch auf den Hochzeiten (wie wir auf den Hochzeitsvideos gesehen haben) in die Luft geschossen, wenn das Paar sich vermählt. Oder der bereits oben erwähnte Obstverkäufer erzählt uns stolz, dass er zu Hause eine Kalaschnikow hat (keine Ahnung, wie man das schreibt). Mal schauen, ob wir uns daran gewöhnen. Aktuell eher schwer vorstellbar (v.a. für Marie). Da helfen allerdings so Erlebnisse wie dieses:
Wir fahren so vor uns hin und werden von einem Auto (natürlich ein Lada) überholt. Drinnen sitzen 3 Jungs in Armee-Uniform. 100 m nachdem sie uns überholt haben, halten sie an und einer steigt aus. Benno denkt schon darüber nach, wo die Pässe verstaut waren und will sie rausholen, doch der Typ ist daran nicht interessiert. Stattdessen werden wir nach einem Selfie gefragt und kurze Zeit später hat der nette Kerl Bennos Helm auf, Benno seine Armee-Mütze und wir winken alle in die Kamera. Schnell sind facebook-Namen getauscht und beim nächsten Wifi-Stop finden wir das Bild mit mehreren Kommentaren bereits auf facebook.
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